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Zerstörung tropischer Regenwälder
Palmöl – das grüne Erdöl
Palmöl ist in vielen Produkten des täglichen Lebens zu finden. Die Verarbeitung von Palmöl zu Agrartreibstoffen (Biodiesel) ist umstritten, weil für die Ölpalmen tropische Regenwälder gerodet werden.
In den 1990er Jahren wurde Palmöl, das Öl der Ölpalmen, noch hauptsächlich von der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie abgenommen, wo es bis heute ein wichtiger Grundstoff für Margarine, Frittierfett, Schokolade, Tiefkühlpizza, Waschmittel und Kosmetikprodukte ist. Im Supermarkt enthält heute fast jedes zweite angebotene Produkt das billige Öl. Mit über 80% des Marktes ist die Lebensmittelindustrie der größte Verbraucher von Palmöl, aber auch in der chemischen Industrie wird viel Palmöl verarbeitet.
Die Ölpalme
Die Ölpalme (Elaeis guineensis) ist eine tropische, mehrjährige Pflanze, die ursprünglich aus Afrika stammt. Sie gehört zur Pflanzenfamilie der Arecaceae. Lange Zeit wurde die Ölpalme in Südostasien lediglich als Zierpalme genutzt, bevor im Jahr 1911 die erste kommerzielle Nutzung begann und zwar mit den Nachkommen von vier Samen aus Westafrika. Diese vier Samen wurden 1848 in Bogor, Indonesien, gepflanzt. Seit den 1980er-Jahren werden Ölpalmen in Indonesien industriell auf riesigen Flächen angebaut.
Die Frucht der Ölpalme ist eine Steinfrucht, die aus einem Fruchtfleisch (Mesokarp) und einer Schale (Endokarp) besteht. In ihren Früchten produziert die Pflanze zwei verschiedene Pflanzenöle: rohes (rotes) Palmöl ist das frische Öl und wird aus dem Fruchtfleisch gewonnen, wohingegen das Kernöl aus den Kernsamen der Palmfrucht gewonnen wird.
Palmöl enthält etwa 50% gesättigte Fettsäuren mit 44% Palmitinsäure, 5% Stearinsäure und Spuren von Myristinsäure. Die ungesättigten Fettsäuren bestehen zu etwa 40% aus Ölsäure und zu 10% aus mehrfach ungesättigter Linolsäure und Linolensäure. Zudem enthält Palmöl Carotinoide, Tocopherole und Tocotrienole. Diese Zusammensetzung gewährleistet die gute Stabilität von Palmöl bei den beim Braten verwendeten hohen Temperaturen von um die 180°C.
Seit dem Boom der Agrartreibstoffe ist die Nachfrage nach Palmöl regelrecht explodiert. Palmöl fließt immer öfter in unsere Autotanks und beschleunigt dadurch die Zerstörung der tropischen Regenwälder. Zusätzlich wird der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß massiv erhöht.
Herkunft des Palmöls
Ölpalmen gedeihen am besten in tropischem Klima, sie werden industriell im tropischen Asien, Afrika und Amerika angebaut, wo in den vergangenen Jahren die Anbauflächen massiv vergrößert wurden – sehr zum Leidwesen der tropischen Regenwälder, die dafür gerodet werden. Mehr als drei Viertel des global produzierten Palmöls kommen aus den südostasiatischen Ländern Indonesien und Malaysia. In Indonesien wurde im Jahr 2019 wieder mehr Brandrodung tropischer Regenwälder betrieben, als in den Jahren zuvor. In Kalimantan auf Borneo und auf Sumatra waren im September 2019 ganze Regionen in eine dichte, schädliche Rauchwolke gehüllt. Nachrichten zufolge hatten deswegen viele Schulen geschlossen und mehrere Flughäfen haben Flüge storniert oder umgeleitet.
Die größten Palmöl-Produzenten
Die Zahlen sind durchaus beeindruckend, im Jahr 2021 haben Indonesien und Malaysia 49,7 Millionen bzw. 18,1 Millionen Tonnen Palmöl produziert, wovon 25,9 Millionen bzw. 14,6 Millionen Tonnen in den Export gingen (FAOSTAT, 2024). Doch Südamerika holt auf. In Kolumbien wird auch schon sehr viel Regenwald für den Anbau von Ölpalmen vernichtet. Im Gegensatz zu Asien sind die Plantagen allerdings nicht so riesig, sondern eher klein bis mittelgroß. Im Jahr 2021 hat Kolumbien 1,75 Millionen Tonnen Palmöl produziert, Thailand im selben Jahr 2,94 Millionen Tonnen. Das sind die vier größten Palmöl-produzierenden Länder der Welt: Indonesien, Malaysia, Thailand und Kolumbien.
Mehr und mehr rückt Amazonien in den Blickpunkt der Palmöl-Industrie. Fast die Hälfte Amazoniens ist für den Anbau von Ölpalmen geeignet, womit Brasilien über die größten Landflächen für das Geschäft mit Palmöl verfügt. Der brasilianische Senator Flexa Ribeiro drückt es so aus: „Palmöl ist unser grünes Erdöl“. Land ist billig in Amazonien, billiger als in Südostasien – das weckt die Begehrlichkeiten der Palmöl-Industrie. Von 1999 bis 2019 ist die jährliche Palmöl-Produktion in Brasilien von 92.000 auf 400.560 Tonnen (FAOSTAT, 2022) gestiegen. Brasilien steht schon auf Rang zwölf der Palmöl-produzierenden Länder der Welt.
Die afrikanische Palmöl-Industrie produziert hauptsächlich für den eigenen Verbrauch, es findet nur wenig Export statt. Aber es gibt eine Ausnahme – die Elfenbeinküste hat in den 20 Jahren von 2000 bis 2020 ihre Palmöl-Produktion von 263.213 Tonnen auf 510.000 Tonnen fast verdoppelt (FAOSTAT, 2022).
Große Flächen werden zu Ölpalmenplantagen
Die Anbaufläche für Ölpalmen in Indonesien wurde in den letzten 20 Jahren regelrecht explodiert und zwar von 20.140 Quadratkilometern im Jahr 2000 auf 149.531 Quadratkilometer im Jahr 2022 (FAOSTAT, 2024) – das ist mehr als das Siebenfache, und die Tendenz ist leider steigend. Anträge für die Umwandlung weiterer 200.000 Quadratkilometer in Ölpalmenplantagen sind bereits gestellt: Diese Fläche entspricht in etwa der Fläche der noch unberührten Regenwälder Indonesiens oder fünfmal der Fläche der Schweiz.
Hingegen hat sich in Malaysia, dem zweitgrößten Palmöl-Produzenten der Welt, die Anbaufläche von Ölpalmen in den vergangenen 20 Jahren von 33.767 Quadratkilometern im Jahr 2000 auf 51.356 Quadratkilometer im Jahr 2022 nicht einmal verdoppelt. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll die dominierende Stellung Indonesiens im weltweiten Handel mit Palmöl.
Abnehmer des Palmöls
Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas ist eng mit dem Palmöl-Boom verknüpft, denn das Land benötigt enorm viele Rohstoffe und viel Energie. Doch auch die westlichen Industrienationen brauchen große Mengen Palmöls.
Der Boom der Agrartreibstoffe ist nicht so ökologisch, wie die Vorsilbe „Bio“ suggeriert. Die EU-Umweltminister haben Anfang März 2007 beschlossen, den Anteil der Agrarkraftstoffe in Benzin und Diesel bis zum Jahr 2020 auf 10% zu erhöhen. Doch unsere heimischen Anbauflächen reichen nicht aus, um diese 10% Agrarkraftstoffe allein aus Rapsöl herzustellen. Deswegen wird Palmöl aus Südost-Asien verwendet. Und für die Ölpalmen müssen riesige Flächen tropischen Regenwalds in Indonesien und Malaysia gerodet werden. Agrartreibstoffe – eine umweltfreundliche und kostengünstige Alternative? Sicherlich nicht. Europa ist durch die Agrartreibstoff-Förderung zu einem großen Importeur für Palmöl geworden.
Dieser Öko-Aktivismus ist wenig sinnvoll. Denn ein Hektar tropischer Regenwald speichert etwa 300 Tonnen Kohlenstoff, ein Hektar Palmölplantage weniger als 40 Tonnen. Der Wald nützt dem Klima weitaus mehr. Dennoch wird immer noch Regenwald gerodet, um Palmen für die Agrardieselproduktion anzupflanzen. Hinzu kommt, dass der Palmölschrot (die Schalen der Ölpalmenfrüchte) in den europäischen Massentierhaltungen landet, wo er als Ersatz für das mittlerweile verbotene Tiermehl verwendet wird.
RSPO – Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl
Palmöl ist eine Handelsware und wird meist in großen Mengen gehandelt, um Transport- und Lagerkosten in der Lieferkette zu senken. Das erschwert die Rückverfolgbarkeit der Herkunft des Palmöls. Im Jahr 2004 wurde deswegen der „Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl“ (The Roundtable on Sustainable Palm Oil, kurz RSPO) vom WWF ins Leben gerufen, um die Rückverfolgbarkeit des Palmöls von der Plantage bis zum fertigen Produkt zu gewährleisten.
Wissenschaftler haben ermittelt, dass etwa 20% der weltweiten Palmöl-Produktion im Jahr 2015 RSPO-zertifiziert wurden. Das heißt, zertifizierte Ölpalmen-Produzenten erklären sich damit einverstanden, den sogenannten RSPO-Standard Principles and Criteria (P&C) einzuhalten:
- keine Null-Entwaldung, aber die Landfläche wird begrenzt, die für Ölpalmen erschlossen werden darf,
- für neue Plantagen dürfen seit November 2005 keine Primärwalder oder Gebiete mit hohem Erhaltungswert gerodet werden,
- Uferpufferschutz, das heißt, die Plantagen dürfen nicht bis in den Uferbereich von Gewässern reichen, wie es manchmal bei nicht-zertifizierten Plantagen der Fall ist,
- steile Hänge und brüchige Böden müssen vermieden werden,
- Plantagen, die in Torfgebieten errichtet werden, dürfen maximal 100 Hektar groß sein.
Das erste RSPO-Zertifikat in Indonesien wurde im Jahr 2009 ausgestellt. Problematisch bei der RSPO-Zertifizierung ist, das die P&C die Umwandlung von abgeholztem und degradiertem Wald außerhalb von Uferbereichen erlauben und die Entwicklung von Torfgebieten nicht vollständig verbieten. Das geht darauf zurück, dass die P&C ein Kompromiss sind, der notwendig war, um während der P&C-Verhandlungen im Jahr 2013 eine Brücke zwischen den Interessengruppen von Unternehmen und der Zivilgesellschaft zu bauen. Zudem sind zertifizierte Palmöl-Produzenten nicht verpflichtet Gebietsgrenzen zwischen Plantagen und Primärwäldern zu veröffentlichen. Dadurch wird die Kontrolle der Gebietsgrenzen mittels Fernüberwachung erschwert oder sogar verhindert.
Trotz dieser Einschränkungen reduziert die RSPO-Zertifizierung von Ölpalmenplantagen die Entwaldung in Gebieten mit hohem Baumbestand und Primärwäldern im Vergleich zu ähnlichen, nicht-zertifizierten Plantagen und zwar um bis zu 33%.
www-Tipps
- Auf der Ölspur – Berechnungen zu einer palmölfreieren Welt (pdf-Format), WWF, 2016.
- Good Soaps – Reinigungsprodukte ohne Palmöl.
- Procter & Gambles schmutziges Geheimnis. Zusammenfassung des Greenpeace-Reports „P&G’s Dirty Secret“, 2014.
- Auswirkungen der Palmöl-Produktion auf die abiotischen und biotischen Ressourcen tropischer Länder. Bachelorarbeit von Judith Friederike Boveland, 2010.
- FAOSTAT – erstellen Sie sich Ihre eigenen Statistiken und Grafiken mit Hilfe der Datenbank der FAO.
Forschung
- K.M. Carlson et al.: Effect of oil palm sustainability certification on deforestation and fire in Indonesia. PNAS, 2017.
- T. Guillaume et al.: Carbon costs and benefits of Indonesian rainforest conversion to plantations. Nature Communications, 2017.
Presse
- Indonesien auf dem (Ab-)Holzweg, Spiegel Online, 02.09.2019.
- Die Opfer des Palmöl-Booms, Süddeutsche Online, 22.04.2018.
- Malaysia droht EU mit Klage vor Welthandelsorganisation, Spiegel Online, 18.01.2018.
- Kauft wieder Palmöl! Im Ernst? Zeit Online, 30.08.2016.
- Biokraftstoffe: Europa giert nach Palmöl, Spiegel Online, 31.05.2016.
- Verbrannte Erde, FAZ Online, 05.04.2016.
- In diesen Produkten steckt billiges Palmöl, Welt Online, 03.12.2015.
- Todbringende Ölpalmen, Süddeutsche Online, 11.07.2014.
- Greenpeace wirft Procter & Gamble Zerstörung von Regenwäldern vor, Spiegel Online, 26.02.2014.
- Palmöl-Produktion: Erbgut-Entschlüsselung soll Erträge steigern, Spiegel Online, 25.07.2013.
- Regenwald-Rodungen für den Supermarkt, Süddeutsche Online, 06.09.2012.
- Palmöl für die Welt, FAZ Online, 03.08.2011.
- Lebensmittelkonzern kündigt Vertrag mit Sinar Mas, Focus Online, 18.03.2010.
- Ladenhüter Faires Öl, TAZ Online, 16.11.2009.
- Ökologische Wüsten statt Dschungel, Süddeutsche Zeitung Online, 24.08.2009.
- Das Wohlfühl-Zertifikat, Süddeutsche Zeitung Online, 22.11.2008.
- Tank oder intakte Natur, Focus Online, 02.09.2008.
- Wissenschaftler warnen vor Biosprit, Spiegel Online, 31.03.2008.
- Die Tagesschau über Palmöl und Klimakonferenz, 13.12.2007 (Video).
- Die Denker des Dschungels, Stern Online, 21.10.2007.
- Ökostrom – ein Klimakiller? Neue Zürcher Zeitung Online, 02.04.2007.
- Europa bringt Malayen auf die Palme, Handelsblatt Online, 26.06.2007.
- Ablasshandel auch für Pflanzendiesel, TAZ Online, 13.06.2007.