Kategorie: Meinung

Meinungen und Kommentare

Jagd auf geschützte Tiere – Artenschutz aus Sicht der Regierungspartei FDP

Ende April 2022 bin ich in zahlreichen deutschen Medien auf einen Artikel aufmerksam geworden, wonach das Bundesumweltministerium (BMU) den Import von Jagdtrophäen geschützter Arten nach Deutschland weiter einschränken wolle. In Einzelfällen solle der Import von Jagdtrophäen sogar vollständig verboten werden, sofern Zweifel an der Nachhaltigkeit und Legalität der Jagd bestünden.

Jagdtrophäen geschützter Arten? Nachhaltigkeit der Jagd? Das passt für mich irgendwie nicht zusammen, weswegen ich eine kleine Recherche durchgeführt habe. Dabei bin ich auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Einfuhr von Jagdtrophäen geschützter Arten“ (Bundestagsdrucksache 19/26760) gestoßen. Die Anfrage wurde von den Abgeordneten Steffi Lemke (heute Bundesumweltministerin), Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt. Im Anhang 1 der Antwort ist die Anzahl der Einfuhren von Jagdtrophäen nach Deutschland im Zeitraum 2018 bis 2020 detailliert aufgelistet. Darunter finden sich streng geschützte Tierarten wie der Braunbär (Ursus arctos) mit 88 Einfuhren im genannten Zeitraum, der Leopard (Panthera pardus) mit 65 Einfuhren, der Afrikanische Elefant (Loxodonta africana) mit 52 Einfuhren und sogar der Eisbär (Ursus maritimus) mit 6 Einfuhren. Das bedeutet nichts anderes, als dass streng geschützte Tiere in ihren Lebensräumen weltweit zum Spaß von Jagdtouristen getötet und legal als Trophäe nach Deutschland eingeführt werden dürfen. Dabei ist gerade bei diesen Arten jedes Individuum wichtig, um den Genpool der Arten so groß und vielfältig wie möglich zu halten, wodurch ihr Fortbestand gesichert wird.

Kommentiert wurde der Vorstoß des Bundesumweltministeriums zur Einschränkung des Imports von Jagdtrophäen geschützter Arten nach Deutschland auch von der derzeitigen Regierungspartei FDP. Der jagdpolitische Sprecher der FDP, Karlheinz Busen, erklärte in der FAZ vom 30.04.2022, dass zur Trophäenjagd im Koalitionsvertrag bewusst keine Regelung getroffen worden sei. Jagd sei gelebter Natur- und Artenschutz. Jagdreisen stärken das Bewusstsein für gesunde Wildbestände in anderen Ländern und brächten zudem mehr Wohlstand. Daher sei der Vorschlag eines Verbots oder einer Einschränkung der Trophäenjagd kontraproduktiv und würde nicht umgesetzt. Laut der FDP ist Jagd auf geschützte Wildtiere also „gelebter Natur- und Artenschutz“ – das ist Quatsch. Der Internationale Jagdrat in Deutschland und der Deutsche Jagdverband springen der FDP bei oder besser umgekehrt, die FDP springt den Interessen der deutschen Jagdverbände bei. Deren Argumente, dass die Trophäenjagd mit Naturschutz oder der Unterstützung der Menschen und lokalen Gemeinschaften in den Herkunftsländern begründet werden könne, sind reine Märchen. Nachhaltig wäre beispielsweise ein sanfter Beobachtungs- oder Fototourismus, wie er bei den Berggorillas in Afrika seit langem erfolgreich praktiziert wird.

Dass eine Partei in Deutschland die Interessen ihrer Wähler vertritt, ist natürlich richtig und völlig normal. Insofern ist die Lobbyarbeit der FDP für die deutschen Jagdinteressen nicht ungewöhnlich. Was mich daran ärgert ist die heuchlerische Argumentation, die den Natur- und Artenschutz und das Wohl der Menschen in den Herkunftsländern in den Vordergrund schiebt, um weiterhin fröhlich dem Jagdtourismus frönen zu können. Mir wäre es lieber, die FDP würde sich hier klar positionieren im Sinne von, ja, wir finden es gut, dass unsere Wähler weiterhin aus Spaß geschützte Tiere töten.

Übrigens – die FDP geht in ihrem Wahlprogramm aus dem Jahr 2021 auf das Thema Artenvielfalt und Artensterben ein und zwar wie folgt:

„Artensterben verhindern – Artenschutz bei uns und weltweit: Wir Freie Demokraten wollen das Artensterben bestmöglich verhindern. Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine Menschheitsaufgabe und eine ethische Verpflichtung. Er ist zugleich ökologisch, ökonomisch und medizinisch sinnvoll und notwendig. Unzählige wichtige Errungenschaften, zum Beispiel in der Technik und Medizin, kommen aus der Natur. Zudem sind invasive Neophyten für Ökosysteme und den Menschen eine Bedrohung, die durch die Globalisierung immer größer wird. Wir müssen unsere Ökosysteme vor dem Eindringen dieser fremden Arten effektiv schützen, um die heimische Artenvielfalt zu erhalten.“

Quellen

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/umweltministerium-will-jagdtrophaeen-import-einschraenken-17996311.html

https://www.hsi.org/wp-content/uploads/2021/06/HSI_Trophaenjagd-in-Zahlen_Die-Bedeutung-der-Europaischen-Union-bei-der-Trophaenjagd-im-globalen-Kontext.pdf

https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Artenschutz/hintergrundpapier_jagdtrophaen_bf.pdf

https://dserver.bundestag.de/btd/19/273/1927306.pdf

https://www.fdp.de/forderung/artensterben-verhinden-artenschutz-bei-uns-und-weltweit