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Zerstörung tropischer Regenwälder
Bodenschätze – Smartphones zerstören Regenwald
Im Gegensatz zur Landwirtschaft ist Bergbau zwar kein wesentlicher Treiber der Regenwaldzerstörung. Trotzdem wird im Umfeld eines jeden Bergbaubetriebs Regenwald zerstört. Die steigende Nachfrage nach Metallen für den Betrieb von Elektroautos wird die Situation noch verschärfen.
Bis vor kurzem wurde noch angenommen, dass der Bergbau nur einen vergleichsweise geringen Anteil an der Zerstörung der tropischen Regenwälder hat. Älteren Schätzungen zufolge sollte der Bergbau für ein bis zwei Prozent der Flächenverluste verantwortlich sein, was wenig scheint verglichen mit Landwirtschaft (70%) und Holzeinschlag (10%). Trotzdem ist der Bergbau häufig indirekt Ursache für andere Arten der Regenwaldzerstörung, wie zum Beispiel dem Bau von Straßen und Eisenbahnlinien, der Abholzung für Brennholz, Holzkohle oder der Schaffung von landwirtschaftlich genutzten Flächen. In einer Studie aus dem Jahr 2017 konnte für Amazonien gezeigt werden, dass durch diese indirekten Ursachen der Anteil der durch Bergbau verursachten Regenwaldzerstörung auf 9% steigt.
Eisenerz
Die Carajás-Mine befindet sich im Carajás-Gebirge (Serra dos Carajás) im Nordosten Brasiliens im brasilianischen Bundesstaat Para. Carajás ist eine Tagebaumine, in der die Bodenschätze Schicht für Schicht von der Oberfläche abgetragen werden. Im Jahr 2007 wurden 300 Millionen Tonnen Eisenerz aus der Mine gefördert. In der Mine lagern schätzungsweise 7,2 Milliarden Tonnen Eisenerz sowie Gold, Mangan, Kupfer und Nickel. Weiterhin werden aus gefördertem Bauxit jährlich 360.000 Tonnen Aluminium hergestellt.
Um die Erzmine herum, haben sich unzählige kleine Eisenhütten angesiedelt, die Eisen aus dem Erz schmelzen. Um eine Tonne Roheisen herzustellen, müssen 3,1 m³ Holzkohle verfeuert werden. Dazu werden die Holzvorräte Amazoniens verfeuert, weil das Holz günstiger ist als das Holz aus Plantagenwirtschaft.
Das Tantalerz Coltan
Tantal ist ein chemisches Element mit der Ordnungszahl 73 im Periodensystem der Elemente. Es ist ein selten vorkommendes, grau glänzendes, ungiftiges Schwermetall. In der Natur kommt Tantal in Form von Tantalerzen vor, die unter dem Begriff Tantalit zusammengefasst werden. Das bekannteste Tantalerz ist Coltan (Koltan), das neben Tantalit noch Anteile von Columbit und Niob enthält. Mehr als die Hälfte des weltweit geförderten Tantals wird für den Bau von elektronischen Kondensatoren verwendet, weil das Metall die besondere Fähigkeit besitzt, Energie zu speichern und wieder freizusetzen. Dadurch können elektronische Bauteile sehr klein gebaut werden, weswegen Tantal insbesondere in Smartphones, Computern, Spielekonsolen, Autos, Hörgeräten, Herzschrittmachern etc. eingesetzt wird.
Coltan und andere Tantalerze werden hauptsächlich in Ruanda, in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), in Australien, Brasilien und Kanada abgebaut. Die U.S. Geological Survey (USGS) schätzt, dass Brasilien und Australien mit 85% weltweit über die größten Reserven verfügen, gefolgt von Kanada und den afrikanischen Ländern. Im Vergleich zu Kupfer, Eisen oder Nickel nimmt sich die jährliche Fördermenge von Tantalerzen geradezu winzig aus. Diese betrugen im Jahr 2017 gemäß der USGS 1.810 Tonnen. Die größten Förderländer waren die DR Kongo und Ruanda, wo Tantalerze oft im Kleinstbergbau und nicht in großen Minen gefördert werden.
Die Fördermengen müssen mit Vorsicht betrachtet werden, weil Tantalerze auch illegal abgebaut und geschmuggelt werden. In Teilen Afrikas werden mit dem Abbau von Tantalerzen Rebellenbewegungen finanziert, weswegen das Metall als sogenanntes Konfliktmineral eingestuft wird, zusammen mit Zinn, Gold und Wolfram. Auf die tropischen Regenwälder wird beim Abbau von Tantalerzen wenig Rücksicht genommen. Straßen werden in die Wälder getrieben. In der Umgebung der Straßen werden die Wälder gerodet, und Minenarbeiter dringen in die Wälder ein um Wildtiere zu schießen, darunter die stark gefährdeten Berggorillas.
Gold
Im Jahr 2000 lag der Preis für eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) noch bei 250 Dollar. Im März 2024 lag der Goldpreis bei 2165 Dollar (2003 Euro) je Feinunze, was knapp dem Neunfachen entspricht. Das weckt Begehrlichkeiten und so strömten Heerscharen illegaler Goldschürfer in die tropischen Regenwälder. In Französisch-Guayana befahren illegal eingewanderte Goldschürfer aus Brasilien in selbstgebauten Booten die Flüsse.
Mit dicken Rohren wird der goldhaltige Schlamm vom Grund des Flusses ins Boot gepumpt und dort mit Quecksilber versetzt. An das Quecksilber gebundenes Gold wird ausgesiebt. Der unbrauchbare und mit Quecksilber vergiftete Schlamm wird zurück in den Fluss geleitet. In der Folge reichert sich Quecksilber in der Nahrungskette an, wodurch Menschen, Tieren und Pflanzen vergiftet werden. Im Schlepptau der Goldgräberei wird der Wald zusätzlich durch illegale Wilderei gestört. Rodungen spielen bei dieser Art des Goldschürfens keine Rolle.
Metalle in Smartphones
Ein durchschnittliches Smartphone besteht zu rund 40% aus Metallen (überwiegend Kupfer, Gold, Platin, Silber, Wolfram und Tantal), zu 40% aus Kunststoffen sowie zu 20% aus Keramik und Spurenelementen. Von den 83 stabilen und nicht radioaktiven Elementen im Periodensystem sind mindestens 70 in Smartphones zu finden. Im Durchschnitt enthält ein einzelnes Smartphone ungefähr 0,034 Gramm Gold, das die elektrischen Kontakte der Geräte schützt. Das heißt, in den 1,5 Milliarden im Jahr 2018 weltweit verkauften Smartphones wurden 51 Tonnen Gold verbaut.
Schätzungsweise 5 Milliarden Smartphones liegen weltweit ungenutzt in privaten Haushalten, aufeinandergelegt hätten sie eine Höhe von 50.000 Kilometern. Unglaublich, dass damit 170 Tonnen Gold ungenutzt herumliegen.
In Peru führte der explodierende Goldpreis in den Jahren 2001 bis 2011 ebenfalls zu einer starken Zunahme des Goldschürfens. Angelockt vom großen Reichtum strömten zahlreiche illegale Goldschürfer in die Region Madre de Dios im Südosten Perus nahe der bolivianischen Grenze. „Erdfresser“ nennen indigene Gemeinschaften die Goldschürfer, die die Wälder in eine Mondlandschaft verwandeln. Denn nichts anderes ist es, was hier stattfindet – aus tropischen Regenwäldern werden Mondlandschaften. Die unten gezeigten Satellitenbilder verdeutlichen dies. Anders als in Französisch-Guayana wird bei dieser Art des Goldschürfens in Peru mehr Wald gerodet und noch massiver Quecksilber eingesetzt. Anwohner im Umfeld der Minen wurden auf Rückstände von Quecksilber getestet. Es zeigte sich, dass die Quecksilberkonzentration in ihren Körpern höher war, je näher sie an den Minen lebten.
Kobalt
Kobalt ist ein Metall, das natürlicherweise in Gesteinen, Wasser, Pflanzen und Tieren vorkommt. Es ist weniger giftig als viele andere Metalle. In geringen Mengen wirkt es sich positiv auf die menschliche Gesundheit aus und ist Bestandteil von Vitamin B12. Kobalt wird in Legierungen, Halbleitern und Düngemitteln als Trocknungsmittel für Lacke und Beschichtungen für Stahl verwendet. In Form von Kobaltsulfat ist es besonders wichtig in Lithium-Ionen-Batterien, wo es als Kathodenstabilisator wirkt. Lithium-Ionen-Batterien werden zunehmend in Smartphones, Laptops und Elektroautos eingesetzt. In einem durchschnittlichen Smartphone sind 5 bis 10 Gramm Kobalt enthalten, in einem Laptop 30 Gramm und in einem Elektroauto 5 bis 10 Kilogramm. Der enorme Erfolg dieser technischen Geräte basiert maßgeblich auf der Leistung von Lithium-Ionen-Batterien.
Die explodierende Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien hat dazu geführt, dass sich die weltweite Nachfrage nach Kobalt zwischen 2008 und 2015 mehr als versiebenfacht hat. Im Jahr 2020 wurden weltweit 120.000 Tonnen Kobalt gefördert, wovon 90.000 aus der DR Kongo kamen. Das heißt, 75% des weltweit gehandelten Kobalts werden in der DR Kongo aus der Erde geholt. Die Welt hängt regelrecht am Kobalt-Tropf der DR Kongo.
Das Kobalt wird von Arbeitern unter rauen und lebensgefährlichen Bedingungen gefördert. Schätzungsweise 100.000 Kobalt-Bergleute graben im Kongo mit Handwerkzeugen mehrere hundert Meter unter der Erde mit wenig Aufsicht und unter geringen Sicherheitsvorkehrungen nach dem begehrten Rohstoff. Kinderarbeit ist an der Tagesordnung. Schätzungen gehen davon aus, dass 22.000 Kinder in Kobaltminen arbeiten. Kobalt in hohen Konzentrationen verursacht bei Bergleuten und Anwohnern Lungen- und Herzkrankheiten, insbesondere dann, wenn Kobalt zusammen mit Uran gefördert wird. Und die riesigen Kobaltminen sind verantwortlich für zerstörte Landschaften, Wasserverschmutzung, kontaminierte Pflanzen und einen Verlust der Bodenfruchtbarkeit.
Erdöl – die Yasuní-ITT-Initiative
Im Amazonastiefland im Osten Ecuadors an der Grenze zu Peru im Norden liegt der Nationalpark Yasuní (Yasuní). Er erstreckt sich auf einer Fläche von etwa 10.000 Quadratkilometern und ist umgeben von einer 10 Kilometer breiten Pufferzone. Seinen Namen hat der Nationalpark von dem Fluss Yasuní, einem Nebenfluss des Napo, der in den Amazonas mündet (Abbildung 1, A). Wissenschaftler zählen den Nationalpark zum Kernbereich des Ökosystems Amazonas (Core Amazon). Viel Regen und durchschnittliche Temperaturen von 24°C bis 27°C kennzeichnen das Klima Yasunís. In Teilen des Nationalparks gibt es mindestens zwei indigene Gemeinschaften der Waorani (oder Huaorani), die freiwillig und völlig isoliert hier leben.
Zentrum der Artenvielfalt und unerschlossene Ölfelder
Generell gilt die Region um den Nationalpark als ein Zentrum der Artenvielfalt, als eine der artenreichsten Regionen der Welt. Verteilungskarten zeigen, dass hier, einzigartig in Südamerika, gleich vier taxonomische Gruppen die größtmögliche Artenvielfalt erreichen: Amphibien, Vögel, Säugetiere und höhere Pflanzen (Abbildungen 2 und 3). Trotzdem gibt es in dieser artenreichen Region nur einen streng geschützten Bereich (IUCN Stufen I-IV): Yasuní. Im Jahr 1989 erklärte die Unesco den Nationalpark zum Biosphärenreservat.
Der Nationalpark erstreckt sich nur auf 14% dieses Zentrums der Artenvielfalt, während sich aktive oder geplante Öl-Konzessionen auf 79% erstrecken. Und hier liegt auch das gravierende Problem von Yasuní. Das zweitgrößte unerschlossene Ölfeld Ecuadors liegt unterhalb des weitgehend intakten nordöstlichen Teils des Nationalparks, der sogenannte „ITT“-Block mit dem Ishpingo-, Tambococha- und Tiputini-Ölfeld (Abbildung 1, B). Der angrenzende Block 31, enthält weitere ungenutzte Ölfelder auf dem Gebiet Yasunís.
Der Vorschlag Ecuadors
Nach starkem internationalen Widerstand gegen Ölbohrungen in Yasuní, machte der Präsident von Ecuador, Rafael Correa, der UNO im Jahr 2007 einen interessanten Vorschlag. Das Öl wird dauerhaft nicht gefördert und Yasuní bleibt unberührt, dafür erhält Ecuador im Austausch eine finanzielle Entschädigung von der internationalen Gemeinschaft oder aus dem Handel mit Zertifikaten für Kohlendioxid-Emissionen. Die primären Ziele der Yasuní-ITT-Initiative sind:
- Schutz der territorialen Ansprüche der indigenen Gemeinschaften,
- Klimaschutz, indem 410 Millionen Tonnen Kohlendioxid nicht in die Atmosphäre freigesetzt werden,
- Schutz des Nationalparks und seiner einzigartigen Artenvielfalt.
Als Ausgleich wurden von der ecuadorianischen Regierung 3,6 Milliarden Dollar in zehn Jahren gefordert. Das ist in etwa die Hälfte dessen, was Ecuador mit der Förderung des Erdöls verdient hätte.
Das Ende der Yasuní-ITT-Initiative
Im August 2013 hat Rafael Correa die Yasuní-ITT-Initiative für gescheitert erklärt: „Die Welt hat uns im Stich gelassen“, so Correa. Bisher wurden nur rund 340 Millionen Euro zugesagt und sogar nur 13 Millionen eingezahlt. Wegen mangelnder internationalen Unterstützung wird Ecuador zukünftig im Bereich des Yasuní-Nationalparks nach Erdöl bohren. Zwar verbietet das ecuadorianische Gesetz, dass in Schutzgebieten Erdöl gefördert wird. Doch werden Ausnahmen hiervon geduldet, wenn nationale Interessen ins Spiel kommen.
Die Konsequenzen der Ölförderung im Yasuní-Nationalpark wären dramatisch. Mit dem Bau von Zufahrts- und Transportstraßen beginnt die Zerstörung des Regenwalds. Holzfäller und Siedler dringen in die unberührten Wälder ein. Durch Ölunfälle, wie sie in der Vergangenheit häufiger in Ecuador geschehen sind, wird Erdöl über Flüsse weitläufig verbreitet und schädigt Tiere und Pflanzen.
- Am 3. Oktober 2013 hat das ecuadorianische Parlament den umstrittenen Ölbohrungen zugestimmt. 108 Abgeordnete stimmten der Vorlage von Präsident Correa zu, 25 Abgeordnete stimmten dagegen. Begleitet wurde die Abstimmung von friedlichen Demonstrationen vor dem Parlamentsgebäude in Ecudors Hauptstadt Quito.
- Seit 14. Oktober 2013 sammeln Freiwillige Unterschriften für einen Volksentscheid in Ecuador zur Rettung des Yasuní-Nationalparks. Um die Entscheidung zu beeinflussen, müssen fünf Prozent der Ecuadorianer (600.000) zustimmen.
- Am 22. Mai 2014 hat die ecuadorianische Regierung bekannt gegeben, dass der Staatskonzern Petroamazonas EP mit den Ölbohrungen im Yasuní-Nationalpark Anfang 2016 begonnen hat.
www-Tipps
- Unter Gangstern: Der Fluch des Goldes. David Beriain besucht illegale Goldminen in Madre de Dios, Peru. ZDFinfo-Doku, 2020.
- Kongos Superreiche – Luxus und Elend in Zentralafrika. ZDFinfo-Doku, 2020.
- Looted Amazon, 2018.
- Gold Processing, J.E. Hoffmann, Britannica.
- Seltene Metalle – Maßnahmen und Konzepte zur Lösung des Problems konfliktverschärfender Rohstoffausbeutung am Beispiel Coltan. Umweltbundesamt, 2007.
- U.S. Geological Survey.
Forschung
- N.A. Mancheri et al.: Resilience in the tantalum supply chain. Resources, Conservation and Recycling, 2018.
- A.J. Bebbington et al.: Resource extraction and infrastructure threaten forest cover and community rights. PNAS, 2018.
- L.J. Sonter et al.: Mining drives extensive deforestation in the Brazilian Amazon. Nature Communications, 2017.
- D.P. Edwards et al.: Mining and the African Environment. Conservation Letters, 2014.
- M.S. Bass et al.: Global Conservation Significance of Ecuador’s Yasuní National Park. PLOS One, 2010.
Presse
- Hier sterben Menschen für unsere Akkus, Spiegel Online, 17.10.2019.
- Sehr viele Ameisen, keine einzige Anakonda, FAZ Online, 06.03.2015.
- Der Schlüssel zu den Rohstoffen, FAZ Online, 07.12.2013.
- Abholzung und Quecksilbervergiftung: Der hohe Preis des Goldes, Spiegel Online, 28.10.2013.
- Rohstoffjagd in Venezuela: Indio-Aufstand gegen Chinas Eisenarmee, Spiegel Online, 12.09.2013.
- Deutscher Handy-Müll vergiftet Kinder in Ghana, Spiegel Online, 17.04.2011
- Der Stoff, aus dem die Handys sind, Stern Online, 16.03.2010.
- Kein Erdöl aus dem Regenwald, TAZ Online, 22.06.2009.