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Zerstörung tropischer Regenwälder
Flächenverluste – wie viel Regenwald geht verloren?
Die Auswertung von Satellitendaten hat ergeben, dass im Jahr 2023 weltweit 37.000 Quadratkilometer weitgehend unberührte tropische Regenwälder zerstört wurden. Trotz moderner Satellitentechnik sind genaue Aussagen zu den jährlichen Regenwaldverlusten schwer zu treffen.
Was bedeutet Entwaldung?
Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bedeutet Entwaldung „die Umwandlung von Wald in eine andere Art der Landnutzung, unabhängig davon, ob sie vom Menschen verursacht wurde oder nicht“. Demnach bezieht sich Entwaldung nicht auf einen veränderten Baumbewuchs, sondern im Wesentlichen auf eine geänderte Art der Landnutzung auf einer definierten Fläche.
Um Entwaldung definieren zu können, muss zuerst definiert werden, was ein Wald ist. Die FAO hat Kriterien aufgestellt, wonach ein Wald definiert ist als eine Fläche von mehr als 0,5 Hektar (5.000 Quadratmeter) mit über fünf Meter hohen Bäumen und einem Kronendach, das mehr als 10% der Fläche abdeckt. Diese Kriterien kombiniert die FAO mit Kriterien zur vorherrschenden Landnutzung auf dieser Fläche, wobei von Bäumen bewachsene Flächen ausgeschlossen werden, die vornehmlich landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden.
Deswegen sind städtische Parks und Plantagen landwirtschaftlicher Baummonokulturen, wie zum Beispiel Ölpalmenplantagen und Obstplantagen, kein Wald. Hingegen werden verschiedene Arten von bepflanzten Wäldern definitionsgemäß dem Wald hinzugerechnet. Zu diesen gehören zum Beispiel Kautschukplantagen, die in einem Wirtschaftswald integriert sind und nicht in Baummonokultur bewirtschaftet werden.
Weltweite Entwaldungsrate
Die FAO schätzt in ihrem Waldbericht State of the World’s Forests 2020, dass seit 1990 weltweit 4,2 Millionen Quadratkilometer (km2) Wald – also nicht nur tropische Regenwälder – verloren gegangen sind. Diese Fläche entspricht knapp 12 Mal der Fläche Deutschlands. Die Waldfläche der Erde beträgt heute noch 40,6 Millionen km2.
Mit der Entwaldungsrate (rate of deforestation) wird angegeben, wie viel Wald in einem bestimmten Zeitraum verloren ging. Die weltweite Entwaldungsrate ist in den vergangenen Jahren beständig gesunken:
- 1990 bis 2000: jährlich 160.000 km2
- 2000 bis 2010: jährlich 130.000 km2
- 2010 bis 2015: jährlich 120.000 km2
- 2015 bis 2020: jährlich 100.000 km2
Die möglicherweise wichtigere Zahl gibt an, wie viel Bestand an Primärwäldern im selben Zeitraum verloren gegangen ist. Primärwälder sind vom Menschen weitgehend unberührte Wälder. Laut FAO gingen seit dem Jahr 1990 etwa 810.000 km2 Primärwälder verloren, wobei die Entwaldungsrate für Primärwälder im Jahrzehnt von 2010 bis 2020 halbiert werden konnte im Vergleich zu den Jahren davor.
Weltweiter Nettoverlust an Waldfläche
Die Entwaldungsrate berücksichtigt nicht, dass in den genannten Zeiträumen in anderen Gebieten durch natürliche Ausdehnung oder gezielte Aufforstungen wieder „neue“ Wälder entstanden sind. Werden diese Zugewinne an Waldfläche berücksichtigt, ergibt sich der sogenannte Nettoverlust an Waldfläche (net loss of forest area). Die Zugewinne werden von der Entwaldungsrate abgezogen, infolgedessen ist der Nettoverlust an Waldfläche geringer als die Entwaldungsrate.
Der weltweite Nettoverlust an Waldfläche seit dem Jahr 1990 wird von der FAO in ihrem Waldbericht Global Forest Resources Assessment 2020 auf 1,78 Millionen km2 geschätzt. Die Erde hat in den letzten 30 Jahren also rund 4,4% ihrer Waldfläche verloren. Der weltweiten Entwaldungsrate folgend, ist der Nettoverlust an Waldfläche in den vergangenen Jahren ebenfalls beständig gesunken:
- 1990 bis 2000: jährlich 78.000 km2
- 2000 bis 2010: jährlich 52.000 km2
- 2010 bis 2020: jährlich 47.000 km2
Weltweite Entwaldungsrate tropischer Regenwälder
Die FAO schätzt in ihrem Bericht State of the World’s Forests 2020, dass es heute weltweit in den Tropen etwa 18,27 Millionen km2 tropische Wälder gibt. Die meisten davon in den drei großen Regenwaldregionen der Erde, das sind das Amazonasbecken, das Kongobecken und Südost-Asien. In ihrem Bericht The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia aus dem Jahr 2011schätzt die FAO die Fläche tropischer Wälder in den drei großen Regenwaldregionen auf 13,4 Millionen km2.
Der Nettoverlust an Waldfläche in den drei Regenwaldregionen betrug in den Jahren 2000 bis 2010 jährlich 54.000 km2, was in etwa der Fläche Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns entspricht. Davon entfielen auf das Amazonasbecken 36.000 km2, auf Südost-Asien 10.000 km2 und auf das Kongobecken 7.000 km2. Differenzen zu den in obiger Grafik dargestellten Zahlen kommen daher, dass zur selben Zeit in anderen Regionen der Erde (zum Beispiel in Asien und Europa) mehr Wälder aufgeforstet wurden als verloren gingen.
Für das folgende Jahrzehnt, also von 2010 bis 2020, gibt es keine Zahlen für den Nettoverlust an Waldfläche in den drei Regenwaldregionen. Dafür wurden von der FAO in ihrem Bericht Global Forest Resources Assessment 2020 Zahlen für Afrika, Südamerika und Asien veröffentlicht. Demnach hatte Afrika mit jährlich 39.000 km2 den höchsten Nettoverlust an Waldfläche zu verzeichnen, gefolgt von Südamerika mit jährlich 26.000 km2. In Asien hingegen wurde in diesem Jahrzehnt mit 12.000 km2 jährlich mehr Wälder aufgeforstet als verloren gingen. Durch diesen Zugewinn an Waldfläche in Asien fiel der weltweite Nettoverlust an Waldfläche geringer aus als die Addition der Zahlen aus Afrika und Südamerika vermuten lässt.
Global Forest Watch
Global Forest Watch (GFW) ist eine Open-Source-Webanwendung, mit der die globalen Waldflächen in Echtzeit überwacht werden können. Es handelt sich um eine Initiative des World Resources Institute (WRI) zusammen mit multinationalen Unternehmen wie Google, Airbus, Unilever, Cargill und zahlreichen anderen akademischen, gemeinnützigen, öffentlichen und privaten Organisationen.
Unten: Die Top-10 der Länder mit den höchsten Regenwaldverlusten in den Jahren 2002 bis 2023 (beide Grafiken basierend auf Daten von Global Forest Watch).
GFW könnte auch als das „Google Maps der Wälder“ genannt werden. Es wertet Satellitendaten der NASA aus mit dem Ziel, die weltweiten Entwaldungsraten zu messen und illegale Rodungsaktivitäten aufzudecken. Dazu tastet ein Satellit jede Woche den gesamten Planeten ab und aktualisiert die Karte mit den globalen Waldbeständen. So ist zu erkennen, ob Wälder von einer Woche zur nächsten verschwinden. Ein weiterer Satellit überwacht den gesamten Planeten auf Brände.
Forscher der Universität von Maryland haben eine Software entwickelt, um die Datenflut der Satelliten zu filtern und die Signale der Entwaldung zu erkennen. Sämtliche Auswertungen übernimmt der Computer. Multinationale Unternehmen wie Cargill und Unilever wollen mit GFW sicherstellen, dass keiner ihrer Rohstoffe aus kürzlich gerodetem Land stammt.
Das WRI hat die Daten von GFW ausgewertet und berechnet, dass im Jahr 2023 in den Tropen 120.800 km2 Wald verloren gegangen sind, worunter 37.000 km2 tropische Regenwälder und zwar Primärwälder waren. 37.000 km2 entsprechen einer Fläche von etwas mehr als 10 Fußballfeldern, die jede Minute verloren geht. Die größten Verluste hatten im Jahr 2023 Brasilien, die Demokratische Republik Kongo und Bolivien zu beklagen.
Durch die Zerstörung von 37.000 km2 tropischer Regenwälder wurden 2,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid (kurz: Kohlendioxid) in die Atmosphäre freigesetzt, was fast der Hälfte der jährlichen Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe in den USA entspricht.
Unterschiedliche Zahlen von der FAO und von GFW
Die Zahlen der FAO sind weit verbreitet und werden in vielen politischen und wirtschaftlichen Analysen als Referenz verwendet. Tatsächlich gibt es nur wenige alternative Informationsquellen zum globalen Waldwandel. GFW ist eine Alternative. Während die Zahlen der FAO oftmals auf Schätzungen beruhen, die von den einzelnen Ländern berichtet werden, wertet GFW Fernerkundungsdaten (Satellitendaten) aus. Deswegen können die Zahlen der FAO und von GFW voneinander abweichen.
Die Walddefinition der FAO kombiniert die physischen Kriterien für eine Wald (0,5 Hektar Fläche, über fünf Meter hohe Bäume und 10% geschlossenes Kronendach), mit Kriterien zu dessen vorherrschender Landnutzung, wobei von Bäumen bedeckte Gebiete ausgeschlossen werden, die vornehmlich landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden.
Viele technische und wissenschaftliche Studien nutzen nicht diese Walddefinition der FAO, sondern setzen Entwaldung mit Waldverlust gleich, ohne die Landnutzungskriterien zu berücksichtigen. Diese Vereinfachung wird in Fernerkundungs-basierten Methoden aus zwei Gründen angewendet. Erstens wird die gesamte Baumbedeckung (einschließlich baumbedeckter Gebiete, die nicht der Walddefinition der FAO entsprechen) berücksichtigt. Und zweitens werden Fälle von nicht dauerhaftem Verlust der Baumbedeckung dem Waldverlust hinzugerechnet, wie zum Beispiel die Abholzung eines natürlichen oder gepflanzten Walds, der später nachwächst, oder die vorübergehenden Folgen eines Waldbrands.
Wer wissenschaftliche Studien zur Abholzung tropischer Regenwälder auswertet, muss wissen, dass die Verwendung unterschiedlicher Walddefinitionen und Daten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.
Regenwaldverluste in Amazonien
Die tropischen Regenwälder im Einzugsgebiet des Amazonas (Amazonien) erstrecken sich auf einer Fläche von 8 Millionen km2. Mit 4,97 Millionen km2 entfallen etwa 65% der Fläche Amazoniens auf Brasilien, die restlichen 35% verteilen sich auf acht weitere südamerikanische Länder: Peru, Kolumbien, Bolivien, Ecuador, Guayana, Surinam, Venezuela und das französische Übersee-Department Französisch-Guayana. Im Jahr 2020 sind in diesen neun Ländern Amazoniens 23.000 km2 tropische Regenwälder (weitgehend unberührte Primärwälder mit ihrer ursprünglichen Artenvielfalt) gerodet worden.
Fast eine Million Quadratkilometer der tropischen Regenwälder Amazoniens wurden in der Vergangenheit bereits abgeholzt, und ein gleich großer Teil befindet sich derzeit im Prozess der Umwandlung, das heißt dieser Teil ist für die Rodung vorgesehen. Die FAO hat berechnet, dass allein in Amazonien im Zeitraum von 1990 bis 2010 insgesamt 600.000 km2 tropische Regenwälder verloren gegangen sind. Zum Vergleich: Deutschland hat eine Fläche von 357.000 km2.
Brasilien
Das brasilianische Nationalinstitut für Weltraumforschung (INPE) wertet Satellitendaten aus, um die Regenwaldzerstörung im brasilianischen Teil Amazoniens zu beziffern. Im Rahmen des Amazonas-Entwaldungs-Monitoring-Programms (PRODES) wertet INPE hauptsächlich Bilder der Landsat-Satelliten der NASA aus, die eine räumliche Auflösung von 20×30 Metern haben und alle 16 Tage wiederholt werden. Laut INPE wurden in den 33 Jahren von 1988 bis 2023 allein im brasilianischen Teil Amazoniens 491.589 km2 tropischer Regenwald gerodet. Das meiste davon in den brasilianischen Bundesstaaten Pará (35%), Matto Grosso (31%) und Rondônia (14%). Straßen wurden in den Regenwald getrieben oder ausgebaut. Viehzüchter, Sojabauern, Landspekulanten, Holzfäller und Bergleute kamen ins Land und plünderten hemmungslos den Reichtum der tropischen Regenwälder.
Noch bis ins Jahr 2004 schrumpften die tropischen Regenwälder im brasilianischen Teil Amazoniens rekordverdächtig. Doch der öffentliche Druck wurde immer größer, weswegen die brasilianische Regierung im selben Jahr gegengesteuert und den Aktionsplan zur Verhütung und Bekämpfung der Entwaldung im Amazonasgebiet (PPCDAm) verabschiedet hat. Die Regierung schuf ein großes Netzwerk von Nationalparks, stärkte die Umweltbehörden, erschwerte den Export von Waren, die auf illegal abgeholztem Land hergestellt wurden, und stärkte die Satellitenüberwachungssysteme. Die Strafverfolgung wurde verschärft und der Zugang zu Krediten für landwirtschaftliche Betriebe in gerodeten Gebieten erschwert. Außerdem wurden die Schutzgebiete für indigene Völker und lokale Gemeinschaften auf 47% der gesamten brasilianischen Amazonasregion ausgeweitet.
Das Ziel war ehrgeizig, und es hat funktioniert. Innerhalb weniger Jahre sank die jährlich zerstörte Fläche auf weniger als 5.000 km2 im Jahr 2012. Die Wende wurde weltweit als eine der spektakulärsten Erfolgsgeschichten im Umweltschutz gefeiert.
Allerdings wurde in den letzten Jahren wieder weniger Wert auf die Durchsetzung der Umweltvorschriften und den Brandschutz gelegt, sodass die Entwaldung in Brasilien zugenommen hat. Maßgeblich verantwortlich war die kontrovers diskutierte Überarbeitung des brasilianischen Forstgesetzes im Jahr 2012. Demnach gingen Personen straffrei aus, die vor 2008 illegale Rodungen betrieben hatten. Zudem wurde der Waldschutz auf privaten Grundstücken in den Amazonasstaaten gelockert.
Anfang 2019 hat die Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro die Situation weiter verschärft. Schutzgebiete für indigene Vöker und lokale Gemeinschaften wurden verkleinert oder aufgelöst, einige indigene Gebiete wurden für Landwirtschaft und Bergbau geöffnet. Zugleich wurden Regierungsbehörden geschwächt, die mit der Verwaltung indigener Gebiete und von Naturschutzgebieten beauftragt waren. Im Mai 2019 kündigte Umweltminister Ricardo Salles eine Überarbeitung der Regeln für die Projektauswahl im Rahmen des Amazonienfonds.
Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz
Der Amazonienfonds wurde im Jahr 2008 von der brasilianischen Regierung gegründet. Ziel des Amazonienfonds ist eine Verringerung der Entwaldung in Brasilien. Der Fonds fördert Projekte der im Amazonasgebiet liegenden brasilianischen Bundesstaaten, von Umweltbehörden, Forschungseinrichtungen, Organisationen der Zivilgesellschaft und der indigenen Völker. Norwegen war mit 1,21 Milliarden US-Dollar der größte Geber des Amazonienfonds. Deutschland hatte über die KfW-Entwicklungsbank bisher rund 55 Millionen Euro beigesteuert. Wegen Bolsonaros expansiver Abholzungspolitik haben Norwegen und Deutschland die Finanzhilfen für den Fonds im August 2019 eingestellt. Nach der Wahl von Lula da Silva im Jahr 2022 haben Deutschland und Norwegen angekündigt, die Zahlungen wieder aufnehmen zu wollen.
Durch das Umverteilen und Einfrieren der Gelder des Amazonienfonds wurden Regierungsbehörden geschwächt, die gegen die illegale Entwaldung in Schutzgebieten kämpften. Damit hat die Politik der Regierung Bolsonaro eine neue Welle von Landraub und Spekulationen ausgelöst, die zu den jüngsten Abholzungsrekorden beigetragen hat. Alarmierende Satellitendaten des Brasilianischen Nationalinstituts für Weltraumforschung (INPE) zeigen, dass allein im Jahr 2019 am Amazonas 10.129 km2 Regenwald zerstört wurden.
Im selben Jahr dominierten die Waldbrände in Amazonien auch die Nachrichten, nachdem die Rauchfahnen São Paulo erreichten, die Finanz- und Medienhauptstadt Brasiliens. Von den Bränden waren weniger unberührte Primärregenwälder betroffen als Gebiete, die bereits in der Vergangenheit für agroindustrielle Landwirtschaft gerodet wurden. Zum Glück war 2019 kein Dürrejahr, sonst hätten die Brände möglicherweise noch größere Flächen Primärregenwälder erfasst. Das Ausmaß der Waldbrände im Jahr 2019 hat trotzdem nicht das Außmaß der 1990er- und 2000er-Jahre erreicht. Nachdem der öffentliche Druck im August und September seinen Höhepunkt erreichte, hat die brasilianische Regierung Zehntausende Soldaten in den Regenwald geschickt, um die Brände zu bekämpfen. Hinzu kamen starke Regenfälle. Dadurch sank die Anzahl der Brände bis Oktober 2019 auf Rekordniveau.
Unterschiedliche Zahlen von GFW und INPE
Insbesondere was Brasilien betrifft, unterscheiden sich die Zahlen zu den Regenwaldverlusten von Global Forest Watch (GFW) und dem brasilianischen Nationalinstitut für Weltraumforschung (INPE) teils erheblich. In den Jahren 2002 bis 2004 lagen die Zahlen von INPE über denen von GFW. Bis in das Jahr 2009 stimmten die Zahlen beider Institutionen dann weitgehend überein. Danach lagen die Zahlen von GFW fast durchgehend höher als die von INPE.
Am größten war der Unterschied im Jahr 2016 als GFW eine jährliche Verlustrate von 28.300 km2 ermittelt hat, während die von INPE ermittelten Zahlen mit 7.893 km2 um den Faktor 3,6 niedriger lagen. Das kann daran liegen, dass die Auswertung der Satellitendaten durch INPE nur entwaldete Primärwaldflächen von mehr als 6,25 Hektar berücksichtigt. Der Verlust von Sekundärwäldern, Rodung von Kleinbauern und durch Holzeinschlag degradierte Wälder werden in INPEs Auswertung ausgeschlossen. Trotz moderner Satellitentechnik gibt es also bis heute immer noch keine verlässlichen Zahlen zu den tatsächlichen Regenwaldverlusten.
Indonesien
Laut GFW gingen im Jahr 2002 weltweit 26.000 km2 Regenwald verloren, wovon 71% auf die beiden Länder Brasilien (16.200 km2) und Indonesien (2.700 km2) zurückzuführen waren. Zwar konnten beide Länder die Verlustraten auf 46% im Jahr 2018 drücken, doch in Ländern wie Kolumbien, Elfenbeinküste, Ghana und der Demokratischen Republik Kongo stiegen die Verlustraten erheblich.
Die jährlichen Regenwaldverluste in Indonsien erreichten im Jahr 2016 das Maximum von 9.300 km2 seit dem Beginn der Aufzeichnung von GFW im Jahr 2002. Allein auf Sumatra gingen im Zeitraum von 1990 bis 2010 insgesamt etwa 75.000 km2 Regenwald verloren. Riesige Waldbrände in Indonesien hatten zu Beginn der 2010er-Jahre zu umfassender Entwaldung und gefährlicher Luftverschmutzung geführt, wovon auch die Nachbarländer betroffen waren.
Unter großem internationalen Druck hat sich die indonesische Regierung des Problems angenommen und politisch gegengesteuert. Zu den politischen Maßnahmen gehören der Erlass eines zeitlich begrenzten Moratoriums (Aufschub) um die Schaffung neuer Ölpalmenplantagen zu begrenzen und ein dauerhaftes Moratorium für den Schutz von Primärwäldern und Mooren. Dadurch soll verhindert werden, dass sich Brände massiv ausbreiten. Erfreulicherweise gingen seither Regenwaldverlust in Indonesien im vierten Jahr hintereinander auf 2.000 km2 im Jahr 2021 zurück, stiegen in den beiden folgenden Jahren aber wieder an.
Afrika
In Afrika wurden, gemäß der FAO, in den Jahren zwischen 2010 und 2020 jährlich 39.000 km2 Wald (darunter tropischer Regenwald) gerodet. Das ist mehr als in derselben Zeit in Südamerika an Wald verloren gegangen ist.
Daten von Umweltschutzorganisationen
Soweit die offiziellen Zahlen. Ähnliche Zahlen werden von nichtstaatlichen Organisationen, auch Nichtregierungsorganisationen (NGO) genannt, präsentiert. Imazon (Amazon Institute of People and the Environment) ist eine brasilianische NGO, die monatlich Berichte zur Regenwaldvernichtung in Brasilien veröffentlicht.
Imazon hat mit Hilfe von Satellitendaten berechnet, dass im Zeitraum von 2000 bis 2010 etwa 170.000 km2 Regenwald im brasilianischen Teil Amazoniens vernichtet wurden. Der Spitzenwert wurde im Jahr 2004 mit 24.500 km2 erreicht, der niedrigste Wert wurde für das Jahr 2010 mit 5.500 km2 ermittelt.
www-Tipps
- Forest Pulse: The Latest on the World’s Forests. World Resources Institute (WRI), 2024.
- Comparing Forest Extent in 2020 from Global Forest Watch and the Forest Resources Assessment. Global Forest Watch, 2024.
- Forest Pulse: The Latest on the World’s Forests. World Resources Institute (WRI), 2023.
- RAISG ist ein Konsortium zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Amazonasländern, das sich mit der sozio-ökologischen Nachhaltigkeit Amazoniens befasst.
- Global Forest Resources Assessment, Datenbank der FAO.
- Global Forest Watch
- Global Forest Change – eine interaktive Weltkarte, die die Zerstörung der Wälder zeigt.
- National Institute for Space Research (INPE) – das brasilianische Nationalinstitut für Weltraumforschung.
- TerraBrasilis – ein Web-Portal des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung (INPE) mit vielen Daten zur Zerstörung des Regenwalds am Amazonas.
- Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz. Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.
- State of the World’s Forests 2022, Waldbericht der FAO, Rom, 2022.
- Global Forest Resources Assessment 2020. FAO, Rom, 2020.
- Global Forest Resources Assessment 2020 – Key Findings. FAO, Rom, 2020.
- State of the World’s Forests 2020, Waldbericht der FAO, Rom, 2020.
- The World Lost a Belgium-sized Area of Primary Rainforests Last Year. World Resources Institute, 2019.
- Global Forest Resources Assessment 2015 – How are the world’s forests changing? FAO, Rom, 2015.
- GHG Mitigation in Brazil’s Land Use Sector. World Resources Institute, 2013.
- The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia. FAO, Rom, 2011.
- Global Forest Resources Assessment 2010. FAO, 2010.
Forschung
- I. Amigo: When will the Amazon hit a tipping point? Nature, 2020.
- D.C. da Cruz et al.: An overview of forest loss and restoration in the Brazilian Amazon. New Forests, 2020.
- C.A. Nobre et al.: Land-use and climate change risks in the Amazon and the need of a novel sustainable development paradigm. PNAS, 2016.
- K. MacDicken: Changes in Global Forest Resources from 1990 to 2015. Forrest Ecology Management, 2015.
- M.C. Hansen et al.: High-Resolution Global Maps of 21st-Century Forest Cover Change. Science, 2013.
- H.K. Gibbs et al.: Tropical forests were the primary sources of new agricultural land in the 1980s and 1990s. PNAS, 2010.
- G.P. Asner et al.: Selective Logging in the Brazilian Amazon. Science, 2005.
Presse
- Dank Lula Hoffnung für den Amazonas? tagesschau, 16.11.2022.
- Brasilien rodet Regenwald von der Größe Zyperns – innerhalb eines Jahres, Spiegel Online, 19.11.2019.
- Feuer frei, Süddeutsche Zeitung Online, 21.08.2019.
- Top-Forscher nach Streit über Abholzung des Regenwalds gefeuert, Welt Online, 03.08.2019.
- 30 Fußballfelder Wald weniger – in der Minute, FAZ Online, 25.04.2019
- 7900 Quadratkilometer Regenwald binnen eines Jahres abgeholzt, Spiegel Online, 24.11.2018.
- Brasilien holzt den Regenwald massiv ab, FAZ Online, 30.11.2016.
- Verlorener Regenwald: Satellitenfotos zeigen immer schnellere Abholzung, Spiegel Online, 26.02.2015.
- Satellitenbild der Woche: Löcher im Regenwald, Spiegel Online, 23.11.2013.
- Die Welt ist um 1,5 Millionen Quadratkilometer Wald ärmer, Zeit Online, 14.11.2013.
- Brasilien: Neue Satellitendaten vergrößern Sorge um den Regenwald, Spiegel Online, 06.07.2013.
- Amazonasgebiet hat Wald von der Fläche Großbritanniens verloren, Spiegel Online, 05.12.2012.
- Rekordtief bei Regenwald-Abholzung in Brasilien, Focus Online, 28.11.2012.
- Regenwald-Abholzungen gehen deutlich zurück, Spiegel Online, 13.11.2009.
- Satellitenbilder dokumentieren Zerstörung, Focus Online, 24.08.2009.
- Wüsten statt Wälder, Focus Online, 01.07.2008.