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Zerstörung tropischer Regenwälder
Regenwaldzerstörung – Ursachen und Folgen
Tropische Regenwälder werden aus wirtschaftlichen Interessen heraus zerstört, wovon 80% auf das Konto der agroindustriellen Landwirtschaft – Rindfleisch, Soja, Palmöl, Zuckerrohr – gehen. Davon profitieren weniger die Menschen in den tropischen Ländern vor Ort, als die in den westlichen Industrienationen – Export statt Eigenversorgung.
Die Geschichte der Regenwaldzerstörung begann vor mehr als 500 Jahren mit der Entdeckung der Neuen Welt durch Christoph Kolumbus. Doch erst mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert begann die massive Zerstörung, direkt oder indirekt verursacht durch Aktivitäten des Menschen.
Vor etwa 11.000 Jahren lebten weltweit etwa eine Million Menschen auf der Erde. Heute sind es 8 Milliarden, und die Zahl wächst immer noch sehr schnell. Das nach wie vor rasche Bevölkerungswachstum ist eine der größten Bedrohungen für die Ökosysteme der Erde. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzte im Jahr 2009, dass eine Steigerung der Lebensmittelproduktion um 70% erforderlich wäre, um eine prognostizierte Bevölkerungszahl von 9,1 Milliarden Menschen bis 2050 ernähren zu können.
Ursachen der Regenwaldzerstörung
Es gibt zahlreiche Ursachen, weshalb tropische Regenwälder zerstört werden. Die großen Flächenverluste der heutigen Zeit gehen auf Landwirtschaft zurück, wobei 80% auf die Weidelandnutzung für die Rindfleischerzeugung (Viehzucht) und Ackerlandnutzung für Palmöl und Sojabohnen entfallen. Außerdem werden mehr und mehr Flächen gerodet, um Ackerland für den Anbau von Zuckerrohr zu schaffen, das für die Herstellung von Agrartreibstoffen verwendet wird. Auch für den Kautschuk im Gummi vieler Autoreifen und für Kakao werden massiv tropische Regenwälder zerstört. Der Holzeinschlag für die Gewinnung von Tropenhölzern ist für weniger als 10% der Flächenverluste in den tropischen Regenwäldern verantwortlich.
Weitere Ursachen für die Zerstörung tropischer Regenwälder sind:
- Abbau von Bodenschätzen,
- Landspekulationen und ungerechte Landverteilung und Landspekulationen,
- Straßenbau,
- den Bau von Staudämmen zur Energiegewinnung,
- Holzgewinnung für Kohle und Brennholz.
Folgen der Regenwaldzerstörung
Die Zerstörung tropischer Regenwälder hat Folgen, die möglicherweise erst von nachfolgenden Generationen vollständig erfasst werden können. Hoffentlich ist es dann für eine Umkehr nicht bereits zu spät. Heute lässt sich schon erkennen, dass
- viele Menschen ihren Lebensraum verlieren und Jahrhunderte alte Kulturen verschwinden werden,
- viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten aussterben,
- das regionale und globale Klima zu kippen drohen – Klimawandel,
- die genetische Vielfalt verloren geht,
- der weltumspannende Wasserkreislauf gestört wird.
Verursacher der Regenwaldzerstörung
Viele der oben genannten Agrarprodukte und Bodenschätze dienen nicht der Versorgung der Menschen in den tropischen Ländern vor Ort, sondern sie werden exportiert – Export statt Eigenversorgung. Davon profitieren die westlichen Industrienationen und viele andere Länder. Der WWF hat den Welthandel und die weltweiten Lieferketten in den Jahren 2005 bis 2017 daraufhin untersucht, welche Länder für die Regenwaldzerstörung verantwortlich sind. Das Ergebnis wurde vom WWF im Jahr 2021 in seinem Bericht „Stepping Up? The continuing impact of EU consumption on nature worldwide“ veröffentlicht:
- China (24%)
- EU (16%)
- Indien (9%)
- USA (7%)
- Japan (5%)
Innerhalb der EU ist Deutschland der größte Verursacher von Regenwaldzerstörung, gefolgt von Italien, Spanien, den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Polen.
Und die Menschen in Brasilien? Knapp die Hälfte der Menschen am Amazonas, die Amazônidas, lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die wirtschaftliche Nutzung im brasilianischen Teil Amazoniens beruht seit mehr als 50 Jahren auf Brandrodung um Flächen für Landwirtschaft zu schaffen. Trotzdem ist es bisher keiner brasilianischen Regierung gelungen, den Wohlstand oder die Lebensqualität der Amazônidas zu verbessern.
Kosten der Regenwaldzerstörung
Die Folgen der Zersörung können durch Regenwaldschutz vermieden werden. Naturschutz schafft und erhält Werte. Die Frage nach dem wirtschaftlichen Wert der Natur oder des Naturschutzes ist nur schwer oder gar nicht zu beantworten. Wichtig ist, wem der Wert zugute kommt, wer die Kosten trägt und auf welchen Zeitraum gerechnet wird. Häufig zeigt sich der ökonomische Nutzen der Natur erst nachdem klar ist, welche Kosten durch Naturschutz hätten vermieden werden können.
Doch wer trägt die Kosten für die Regenwaldvernichtung? Lässt sich der Wert eines einzigartigen Ökosystems überhaupt in Zahlen ausdrücken? Wie werden Ökosysteme bewertet? Im Jahr 2005 veröffentlichten die Vereinten Nationen (UN) eine Studie mit dem Titel Millenium Ecosystem Assessment, in der die globalen Ökosysteme bewertet wurden. Darin sind Leistungen gelistet, die von unterschiedlichen Ökosystemen erbracht werden und für den Menschen unverzichtbar oder nur mit großem technischem und finanziellem Aufwand zu ersetzen sind.
Und was leisten die Ökosysteme? Sie speichern und filtern Trinkwasser, reinigen die Luft von Schadstoffen, bestäuben Nutzpflanzen (durch Insekten und Fledermäuse), lockern Böden, schützen vor Bodenerosion, steigern der Bodenfruchtbarkeit und entfernen von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre. Es zeigte sich, dass viele Ökosysteme diese Funktionen nicht mehr vollständig übernehmen können, weil sie bereits zerstört wurden oder noch zerstört werden.
Laut dem amerikanischen Umweltökonomen Robert Constanza von der Universität von Vermont summiert sich der Nutzen, den die Menschheit aus intakten Ökosystemen zieht, auf 33 Billionen Dollar jährlich. Ökonomen von der Boston Consulting Group (BCG) haben im Jahr 2020 in einer umfassenden Analyse den Wert aller Wälder der Erde auf 150.000.000.000.000 Dollar beziffert, das sind 150 Billionen Dollar. In der Analyse wurden vier Funktionen von Wäldern berücksichtigt: Klimaregulierung (Kohlenstoffspeicherung), Reinhaltung der Umwelt (Luftreinigung, Wasserfiltration etc.), Wertschöpfung und sozialer Wert zur Wahrung des Allgemeinwohls. Die Autoren weisen darauf hin, dass der Wert der biologischen Vielfalt der Wälder nicht vollständig erfasst werden kann.
Egal wie hoch die Summen wirklich sind. Es ist allerdings klar, dass nachfolgende Generationen mit den Folgen des heutigen Raubbaus zu leben haben.
Kettenreaktion
Als in Indonesien zur Bekämpfung von Stechmücken (Malaria-Überträger) starke Pestizide eingesetzt wurden, war davon auch eine Wespenart betroffen. Die winzigen Wespen verhinderten, dass sich in den Strohdächern der Häuser Schadinsekten ausbreiteten. Nachdem die Wespen durch das Gift getötet wurden, vermehrten sich die Schadinsekten rasant und zerstörten die Dächer, die schon nach kurzer Zeit einstürzten. Gleichzeitig wurde durch das Schädlingsbekämpfungsmittel Tausende von Katzen vergiftet. Dadurch kam es zu einer Rattenplage, der eine Beulenpest-Epidemie folgte.
www-Tipps
- Cutting down forests: what are the drivers of deforestation? Hannah Ritchie, Our World in Data, 2021.
- Stepping Up? The continuing impact of EU consumption on nature worldwide. WWF, 2021.
- The Staggering Value of Forests – and How to Save Them. BCG, 2020.
- Harvesting agriculture’s multiple benefits: Mitigation, Adaptation, Development and Food Security. FAO Policy Brief, 2009.
Forschung
- T.H. Nguyen & K. Kanemoto: Mapping the deforestation footprint of nations reveals growing threat to tropical forests. Nature Ecology & Evolution, 2021.
- W.D. Carvalho et al.: Deforestation control in the Brazilian Amazon: A conservation struggle being lost as agreements and regulations are subverted and bypassed. Perspectives in Ecology and Conservation, 2019.
- F. Seymour & N.L. Harris: Reducing tropical deforestation. Science, 2019.
- F.M. Le Tourneau: Is Brazil now in control of deforestation in the Amazon? European Journal of Geography, 2016.
- N. Hosonuma et al.: An assessment of deforestation and forest degradation drivers in developing countries. Environmental Research Letters, 2012.
Buchtipps
- Josef H. Reichholf / Johann Brandstetter: Regenwälder – Ihre bedrohte Schönheit und wie wir sie noch retten können. Aufbau Verlag, 2021.
- Josef H. Reichholf: Das Ende der Artenvielfalt? Forum für Verantwortung, Fischer-Verlag, 2008.
- Edward O. Wilson: Des Lebens ganze Fülle. Verlag Claasen, 1999.
- Edward O. Wilson: Der Wert der Vielfalt. Piper Serie, 1997.
- R. Behrend und W. Pacian: Raubmord am Regenwald. rororo Verlag, 1991.
- Josef H. Reichholf: Der unersetzbare Dschungel. BLV Verlag, 1990.
Presse
- Streit um Amazonas-Brände – Wem gehört der Regenwald? Deutschlandfunk Kultur Online, 01.09.2019.
- Wie Schokoladenkonzerne die Regenwälder schützen wollen. Spiegel Online, 04.03.2019.
- In der Schule der Waldmenschen. FAZ Online, 04.06.2018.
- Brasilien holzt wieder ab. Süddeutsche Zeitung Online, 02.05.2018.
- Das Sterben der Affen. Süddeutsche Zeitung Online, 15.02.2018.
- Der Amazonas stirbt den Hitzetod auf Raten. Focus Online, 23.01.2013.
- Die Ruralisten gewinnen immer. FAZ Online, 03.06.2012.
- Themenseite „Amazonien“. Spiegel Online, 10.08.2010.
- Wirtschaftskrise – Atempause für den Regenwald. NZZ, 12.04.2009.
- So stirbt der Regenwald. Spiegel Online, 16.11.2008.
- Bis 2050 sind weitere 750 Millionen Hektar Wald bedroht. Welt Online, 30.05.2008.