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Tierwelt tropischer Regenwälder
Kolibris – fliegende Juwelen
Kolibris sind bemerkenswerte Vögel. Sie schillern in bunten Farben und gehören unbestreitbar zu den auffälligsten Erscheinungen in der Vogelwelt. Text von Dr. Cornelia Dziedzioch.
Menschen waren schon immer fasziniert von den nur zwei bis 20 Gramm leichten Koligris. Die Bienen- oder Kubaelfe (Mellisuga helenae) ist die kleinste Kolibri- und zugleich auch die kleinste Vogelart der Welt. Die Tiere wiegen nur zwei Gramm und sind damit zehn mal leichter als ein Standardbrief. Die Gefieder der Kolibris glänzen oftmals metallisch, was in ihren wissenschaftlichen Namen zum Ausdruck kommt – Nymphen, Sylphen, Zwerge, Elfen oder Feen.
Kolibris gehören zu einer bemerkenswerten Vogelfamilie, der Familie der Trochilidae. Unter ihnen finden sich die kleinsten, leichtesten und farbenprächtigsten Vögel dieser Erde. Ihre Verbreitung ist beschränkt auf den amerikanischen Kontinent, wo sie von Alaska bis bis hinunter nach Feuerland vorkommen. Mit etwa 328 Arten in 102 Gattungen bilden sie, nach den Neuweltfliegenschnäppern, die größte Vogelfamilie Amerikas.
Aus Blüten trinken
Der spanische Name Picaflor (Blütenpicker) beschreibt die Ernährungsweise der Kolibris treffend. Kolibris ernähren sich von Nektar, den sie aus Blüten trinken. Mit ihrem schmalen und meist langen Schnabel dringen sie in die Blüten ein, um mit der gespaltenen Zunge an den Nektar am Grund der Blüte zu gelangen. Die Zunge kann dabei bis zu 200 mal in der Minute aus dem Schnabel schnellen.
Um während des Trinkens möglichst ruhig vor einer Blüte verharren zu können, vollbringen sie eine enorme Flugleistung. Kolibris bewegen ihre Flügel in einem Winkel von 180 Grad. Dieser erlaubt es Ihnen im Schwirrflug vor einer Blüte zu stehen oder sogar rückwärts zu fliegen. Die Schlagfrequenz der Flügel wird mit bis zu 80 Schlägen pro Sekunde angegeben.
Der zuckerhaltige Nektar dient zur Deckung des enormen Energiebedarfs im Betriebsstoffwechsel des Kolibris. Jedoch ernähren sie sich nicht ausschließlich von Nektar. Im Flug erbeuten sie kleine Insekten, die eine eiweißreiche Nahrungsquelle sind. Das Eiweiß benötigen Kolibris für die Fortpflanzung.
In den Tropen sind Kolibris, neben Fledermäusen und Insekten, eine wichtige Bestäubergruppe. Die Blütenfarbe der meisten durch Kolibris bestäubten Pflanzen ist rot. Im Rot der Blüten finden sich unterschiedliche Ultraviolett-Abstufungen (nicht wahrnehmbar für das menschliche Auge). Mit diesen Ultraviolett-Markierungen weisen die Blüten dem Kolibri den Weg – hier geht es zum Nektar.
Farbensehen
Während Menschen drei Farbkegel in der Netzhaut haben, die für rotes, grünes und blaues Licht empfindlich sind, haben Vögel einen vierten Farbkegel, der ultraviolettes Licht erfassen kann. Damit können Kolibris eine Vielzahl von nicht-spektralen Farben sehen, zum Beispiel die Farbkombination Ultraviolett+Grün. Für den Menschen sieht diese Farbkombination aus wie Grün. Kolibris können aber zwischen der Farbkombination Ultraviolett+Grün und „normalem“ Grün unterscheiden.
Kolibris scheinen mit ihrem energieaufwendigen schnellen Schwirrflug, der hohen Stoffwechselrate und ihrer geringen Größe am Rande des Existenzminimums zu leben. Manche Arten in den Anden fallen über Nacht sogar in eine Art Starre und sparen so wertvolle Energie.
Egal welcher der genannten Aspekte betrachtet wird, Kolibris gehören unbestreitbar zu den auffälligsten Erscheinungen in der Vogelwelt.
Kaum entdeckt – schon in Gefahr
Vogelforscher haben im Jahr 2007 eine neue Kolibri-Art entdeckt. Der Lebensraum des farbenfrohen Vogels in den Bergen Kolumbiens ist aber extrem bedroht. Der Höschenkolibri (Eriocnemis isabellae) wurde erstmals 2005 in den Regenwäldern im Süden des Landes entdeckt. Höschenkolibris werden auch als Woll- oder Schneehöschen bezeichnet. Die Männchen sind schillernd bunt und tragen auffällige weiße Federbüschel an den Beinen. Die kleinen Kolibris leben in Bergwäldern der Anden auf dem Gebiet von Venezuela, Peru, Bolivien, Kolumbien und Ecuador sowie in Argentinien.
Das Überleben des Vogels werde vor allem durch die Brandrodung in der Region bedroht. Zudem bauten die Bauern dort Coca-Sträucher an und schmälern damit ebenfalls den Lebensraum der Tiere. Coca-Blätter werden in den Anden gekaut, um Müdigkeit und Hunger zu verdrängen. Sie werden für Tee verwendet und sind Grundstoff für die Droge Kokain.