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Pflanzenwelt tropischer Regenwälder
Bromelien – Mikroteiche im Kronendach des Regenwalds
Bromelien sind Aufsitzerpflanzen aus der Familie des Ananasgewächse, die andere Pflanzen als Unterlage nutzen. Sie formen aus ihren Blättern einen Trichter, in dem sich Wasser sammelt. Die bekannteste Bromelie ist die Ananas.
Um der Dunkelheit auf dem Urwaldboden zu entgehen, benutzen Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) Bäume als Träger und besiedeln deren Stämme bzw. Äste im Kronendach. Dort gibt es keinen Lichtmangel. Aber wie gelangen die Epiphyten in luftiger Höhe trotzdem an Wasser und Nährstoffe?
Mikroteiche im Kronendach
Die Bromelien (Ananasgewächse) kommen fast ausschließlich in Mittel- und Südamerika vor. Sie haben ihre ganz eigene Strategie entwickelt um an Nährstoffe zu gelangen. Weil sie nicht im Boden wurzeln können, formen deren Blätter einen Trichter (Mikroteiche), in dem sich Regenwasser und Humus sammeln. Mit dem Humus werden Nährstoffe in den Trichter eingebracht. Eine große Bromelie kann so bis zu zehn Liter Wasser speichern. Der Wirtsbaum wird dadurch nicht geschädigt, es sei denn, das Gewicht der Aufsitzerpflanzen auf seinen Ästen wird so groß, dass sie unter der Last brechen.
In die Mikroteiche wachsen dann die eigenen feinen Wurzeln (Trichome) ein, mit dem die Bromelie die Nährstoffe aufnimmt. Doch nicht nur die Wurzeln der Bromelien finden sich im Trichter wieder. Jeder der Trichter bildet in Höhen von bis zu 60 Metern einen eigenen Mikrokosmos, ein Mikroökosystem im Ökosystem tropischer Regenwald. Pflanzen zersetzende Bakterien, Einzeller und Würmer bilden das erste Glied der Nahrungskette im Trichter. Diese werden von Mückenlarven und anderen Kleinstlebewesen gefressen, die ihrerseits wiederum von Wasserinsekten, Kaulquappen und Fröschen erbeutet werden. Bis zu 250 verschiedene Tierarten halten sich in einer Bromelie auf, darunter Frösche, Mücken, Plattwürmer, Insekten, Schnecken, Salamander und Krabben. Wenn die in den Trichtern lebenden Tiere sterben, werden sie von Mikroorganismen zersetzt und versorgen so die Bromelie zusätzlich mit Nährstoffen.
Schließlich besuchen Vögel, Reptilien und kleine Säuger die Mikroteiche. Mit ihren Exkrementen „düngen“ sie die Bromelien – der Nährstoffkreislauf schließt sich wieder. Die Mikroteiche der Bromelien sind ein klassisches Beispiel für die komplexen ökologischen Interaktionen in tropischen Regenwäldern.
Ameisen in Bromelien
Manche Bromelienarten enthalten Kammern, die durch Löcher und Tunnel miteinander verbunden sind. Die Kammern werden von Ameisen bewohnt, die darin leben, Vorräte anlegen und sich fortpflanzen. Die Ameisen verteidigen die Bromelie gegen Angriffe jeglicher Art, und sie versorgen die Bromelie mit Nährstoffen. Abfälle aus der Ameisenkolonie dienen werden von den Ameisen in den Blatt-Trichter entsorgt, wo sie der Bromelie als Nährstoff dienen. Es handelt sich um eine Symbiose, wobei nicht nur die Ameisen von der Lebensgemeinschaft profitieren, sondern auch die Bromelie.
Krabben im Bromelienteich
Auf Jamaika leben kleine Bromelienkrabben Metopaulias depressus (Körpergröße etwa 1 bis 3 Zentimeter) in den Blattrichtern von Bromelien im Kronendach des Regenwalds. Das ist um so erstaunlicher, als die Vorfahren der Krabben noch im Meer gelebt haben. Welchen Vorteil bringt das Leben hoch oben in den Baumkronen? Vermutlich der Schutz vor Fressfeinden. Der Nachwuchs der Krabben kommt in den Bromelien zur Welt, wobei sich die Krabben-Mutter fürsorglich um ihren Nachwuchs kümmert. Sie säubert das Wasser in der Bromelie, verteidigt die Jungen gegen räuberische Tausendfüßler und anderes Getier, und sie sammelt Schneckenhäuser aus Kalk um das saure Wasser zu neutralisieren.
Pfeilgiftfrösche und Bromelien
Die Weibchen des mittelamerikanischen Pfeilgiftfroschs Dendrobates pumilio transportieren ihre Larven auf dem Rücken einzeln in Bromelientrichter im Kronendach. Alle zwei bis drei Tage besucht das Weibchen die Kaulquappen und legt unbefruchtete Eier in die Bromelientrichter. Die Eier dienen den Larven als Nahrung während der ersten Entwicklungsstadien, weil es in den Bromelientrichtern zu Nahrungsmangel kommen kann.
www-Tipps
- Die außergewöhnliche Evolutionsgeschichte der jamaikanischen Felsenkrabben, ScienceMedia (pdf-Format).
- Die Pflanzenwelt der tropischen Regenwälder können Sie in den Tropen-Gewächshäusern des Botanischen Gartens der Universität Hamburg entdecken.