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Pflanzenwelt tropischer Regenwälder
Orchideen – Königinnen des Regenwalds
Viele Orchideen bilden prächtige Blüten aus, manche hingegen sind recht unscheinbar. Orchideen bilden Lufzwurzeln aus, mit denen sie Wasser und Nährstoffe aus der Luft aufnehmen. Die bekannteste Orchidee ist die Vanille. Text teils von Erich Granzau.
Die größte Familie im Reich der Pflanzen ist die der Orchideen. Derzeit sind der Wissenschaft etwa 30.000 Arten bekannt. Hinsichtlich ihres Blütenbaus zählen die Königinnen des Regenwalds zu den fortschrittlichsten Blütenpflanzen.
Im Gegensatz zu unseren heimischen, erdbewohnenden Orchideen wachsen in den tropischen Regenwäldern zahlreiche Arten als Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) auf anderen Pflanzen, ohne jedoch deren Nahrung zu schmarotzen. Sie werden deshalb auch als epiphytisch lebende Orchideen bezeichnet.
Während ihrer Evolution sind die epiphytisch lebenden Orchideen vom dunklen Waldboden in die lichtdurchfluteten Regionen der Baumkronen vorgedrungen und haben sich dort an ein Leben in der Höhe angepasst.
Orchideen leben nicht nur von Wasser und Luft
Die epiphytisch lebenden Arten bilden so genannte Luftwurzeln, mit denen sie sich an den Ästen und Stämmen der Bäume festklammern. Diese Luftwurzeln verfügen über besondere Eigenschaften, sie bilden ein mehrschichtiges, sogenanntes Velamen radicum.
Das Velamen radicum ist im trockenen Zustand eine weiß beziehungsweise silbrig schimmernde Zellschicht, die in der Lage ist, durch zahlreiche große Poren Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen. Gleichzeitig mit der Feuchtigkeit aus der Atmosphäre nehmen die Wurzeln der Orchideen auch die darin gelösten Nährstoffe auf. Viele Orchideen bilden in den Luftwurzeln auch Chlorophyll und können dadurch, wie Blätter, Stoffwechsel betreiben.
Vielfach wird geglaubt, Epiphyten bräuchten wegen ihres Vorkommens in luftiger Höhe kaum oder keine Nährstoffe. Das ist falsch, denn über die häufigen Niederschläge in den Tropen gelangen die in der Luft enthaltenen Nährstoffe auch zu den Orchideen im Kronendach. Zu den in der Luft vorkommenden Nährstoffen gehören beispielsweise Ammoniak, Staubpartikel und viele mehr.
Im Laufe der Zeit bilden die epiphytisch lebenden Orchideen ein Wurzelgeflecht aus, in dem sich zahlreiche organische Stoffe sammeln, zum Beispiel Blätter, Algen, Moose, Exkremente von Tieren, abgestorbene Tiere und so weiter. Dieses organische Material wird unter tropischen Bedingungen schnell abgebaut. Die darin enthaltenen Mineralien werden freigesetzt und stehen den Orchideen dann als lebensnotwendige Nährstoffe zur Verfügung.
Interessant ist auch die folgende Nährstoffquelle der epiphytischen Orchideen. Diese beziehen Nährstoffe aus den Blättern der tropischen Urwaldriesen. Wie funtioniert das? Im tropischen Regenwald ist die Luftfeuchtigkeit meist sehr hoch. Die Pflanzen können über ihre Blätter nur wenig Wasser passiv (ohne Energieverbrauch) verdunsten, die Transpiration der Pflanzen ist gehemmt.
Um trotzdem Wasser zu verdunsten, geben die Pflanzen aktiv (unter Verbrauch von Energie) Wasser ab, und zwar über Drüsenhaare oder Wasserdrüsen, die sich in den Blättern befinden. Biologen nennen den Vorgang „Guttation“. Das Guttationswasser enthält Mineralstoffe, Zucker, und andere organische Verbindungen, die dankbar von den Orchideen aufgenommen werden.
Orchideen und Pilze
Die Samen der Orchideen sind nur mit wenigen Nährstoffvorräten ausgestattet; auch das liegt am geringen Nährstoffangebot im Kronenbereich der Regenwaldbäume. Wie wird trotzdem das Auskeimen der Samen gewähleistet? Pilze helfen den frisch ausgekeimten Orchideensamen solange sich zu ernähren, bis diese für sich selber sorgen können. Sie bilden eine Art Keimbett während der ersten Entwicklungsstadien einer jungen Orchidee.
Der Name der Orchidee
Der Begriff „Orchis“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Hoden“. Er bezieht sich auf die knollenförmige Gestalt der Wurzelknollen und verweist auch auf die aphrodisischen Kräfte, die den Pflanzen seit alters her zugeschrieben werden.
Auch Zimmerorchideen brauchen Nährstoffe
Liebhaber von Orchideen sollten ihren Pfleglingen nicht nur Wasser sondern häufiger oder ständig eine gering konzentrierte Nährlösung anbieten, denn so ist es ja auch in der tropischen Natur üblich. Kleinwüchsige Arten wie Oncidium ornithorhynchum vertragen zum Beispiel eine ständige Nährlösung mit 40 Milligramm Stickstoff, 25 Milligramm Phosphor und 60 Milligramm Kalium pro Liter Wasser. Stark wachsende und blühende Phalaenopsis-Hybriden brauchen dagegen die doppelte und dreifache Menge an Nährstoffen, wenn möglich in Regenwasser gelöst.
www-Tipp
- Die Homepage der Schweizerischen Orchideenstiftung am Herbarium Jany Renz am Botanischen Institut der Universität Basel.
Presse
- Schwarze Blüten und blattlose Orchideen, Focus Online, 27.09.2007.