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Faszinierende Artenvielfalt
Die Vielfalt der Wirbeltiere
Fische, Frösche, Schlangen, Vögel und Affen gehören nicht zu den häufigsten Arten in den tropischen Regenwäldern. Trotzdem ist ihr Anblick meist sehr spektakulär.
Der Tierstamm der Chordatiere (Chordata) ist unterteilt in die drei Unterstämme Vertebrata, Cephalochordata und Urochordata (Tunicata). Vertebrata sind Chordatiere mit einer Wirbelsäule. Es handelt sich bei ihnen um die Wirbeltiere im engeren Sinne. Wirbeltiere sind die auffälligste Tiergruppe auf der Erde, da sie häufig sind, groß werden und sowohl an Land als auch in den Ozeanen vorkommen. Es gibt fünf große Gruppen von Wirbeltieren: Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Außerdem werden die Rundmäuler, wie zum Beispiel das Neunauge, den Wirbeltieren zugeordnet. Im Jahr 2024 sind im „Catalogue of Life“ (CoL) sind derzeit 74.223 Arten von Chordatieren aufgeführt.
Manche Ordnungen der Wirbeltiere umfassen nur wenige Arten, wie zum Beispiel Quastenflosser, Lungenfische oder auch die Krokodile, von denen es nur 25 Arten gibt. Andere Klassen wiederum enthalten mehrere Tausend Arten, wie zum Beispiel die Vögel, Fische und Reptilien. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die meisten Arten der Wirbeltiere schon entdeckt und katalogisiert wurden.
Zwerge und Riesen
Als kleinstes Wirbeltier der Erde gilt derzeit der Frosch Paedophryne amauensis aus Papua-Neuguinea, der nur etwa 7 bis 8 Millimeter groß wird. Das größte Wirbeltier ist der Blauwal (Balaenoptera musculus), der bis zu 33 Meter lang und 200 Tonnen schwer werden kann.
Der kleinste Primat ist der auf Madagaskar vorkommende Berthe-Mausmaki (Microcebus berthae) mit einer Köpergröße ohne Schwanz von etwa 9 Zentimetern. Der größte Primat ist der Östliche Flachlandgorilla (Gorilla beringei graueri), der aufrecht stehend bis zu 2,3 Meter groß werden kann.
Amphibien
Amphibien sind kaltblütige Tiere, die sich in ihrer Entwicklung von einer jugendlichen, im Wasser atmenden Form in eine erwachsene, Luft atmende Form verwandeln. Zu den Amphibien gehören die Froschlurche (Frösche, Kröten, Unken), Schwanzlurche (Molche) und Schleichenlurche (Blindwühlen). Im CoL werden 8.054 bekannte Amphibienarten gelistet (2024).
Das feuchtwarme Klima der tropischen Regenwälder bietet optimale Lebensbedingungen für viele Amphibienarten, die in ihrer Fortpflanzung an Wasser gebunden sind. Der peruanische Manu-Nationalpark erstreckt sich von den hoch gelegenen Anden-Nebelwäldern bis in den tropischen Regenwald des westlichen Amazonas auf einer Fläche von 17.163 Quadratkilometern. Im Manu-Nationalpark konnten 155 Amphibienarten identifiziert werden, darunter die oftmals bunt gefärbten Pfeilgiftfrösche. Der Manu-Nationalpark weist damit die weltweit größte Vielfalt an Amphibien (und auch Reptilien) auf. Dagegen nimmt sich Deutschland mit 21 Amphibienarten recht bescheiden aus.
Reptilien
Zu den Reptilien gehören die Unterordnungen Schildkröten und Diapsiden. Die Diapsiden sind die vielfältigste Reptiliengruppe. Zu ihnen gehören die Ordnungen der Brückenechsen, Schuppenkriechtiere (Echsen, Schlangen und Doppelschleichen) und Krokodile. Im CoL werden 12.162 derzeit bekannte Reptilienarten genannt (2024).
Reptilien sind kaltblütige Tiere, die Luft atmen. Die Haut der Reptilien ist mit Schuppen oder Knochenplatten oder einer Kombination aus beidem bedeckt. Alle Reptilien verlieren in regelmäßigen Abständen ihrer äußere Hautschicht. Besonders auffällig ist dies bei den Schlangen, die regelrecht aus der Haut fahren und diese komplett abstreifen. Reptilien können ihre Körpertemperatur nicht konstant aufrecht erhalten. Je nach Bedarf legen sie sich in die Sonne oder suchen Schatten auf. In tropischen Regenwäldern sind Reptilien in der Regenzeit weniger aktiv als in der Trockenzeit, weil in der Regenzeit die Sonne nicht so viel scheint.
Trotzdem bietet das feuchtwarme Klima tropischer Regenwälder einen idealen Lebensraum für zahlreiche Reptilienarten. In den tropischen Regenwäldern des Manu-Nationalparks konnten 132 Reptilienarten identifiziert werden.
Fische
Die Gesamtzahl aller Fischarten auf der Erde wird auf 32.510 geschätzt. Es ist bemerkenswert, dass 15.000 davon zu den Süßwasserfischarten gezählt werden, obwohl Süßwasser nur 0,3% des weltweit verfügbaren Wassers ausmacht. In der Neotropis kommen mit etwa 5.600 mehr als ein Drittel aller Süßwasserfischarten vor. Allein im Flusssystem des Amazonas sind es 2.250 Süßwasserfischarten, wovon es sich bei 1.402 Arten um endemisch vorkommende Arten handelt, das heißt, sie kommen nur im Einzugsgebiet des Amazonas vor.
Die Neotropis
Die Neotropis, auch südamerikanische Region genannt, ist eine der sechs wichtigsten biogeografischen Regionen der Erde. Sie wurde wegen ihrer charakteristischen Tierwelt definiert und erstreckt sich vom Süden Mexikos über Mittelamerika bis fast an die Südspitze Südamerikas. Der Süden Floridas wird ebenfalls der Neotropis zugeordnet.
Vögel
Die Tiergruppe der Vögel ist wahrscheinlich die am besten erforschte Gruppe im Tierreich. Weltweit wurden gemäß CoL bisher etwa 10.677 Vogelarten entdeckt und katalogisiert (2024). Viele davon leben in den tropischen Regenwäldern. Sehr gut untersucht wurde der peruanische Teil Amazoniens. In einem Teil wurden auf einer Fläche von 50 Quadratkilometern 550 Vogelarten identifiziert, in einem anderen Teil waren es 575 Vogelarten auf 5.500 Hektar. Der peruanische Manu-Nationalpark ist ein wahrer Hotspot der Vogelvielfalt mit 1.000 Arten oder 10% aller weltweit vorkommenden Arten, darunter die farbenprächtigen Kolibris.
Auch in Mittelamerika gibt es eine große Artenvielfalt bei den Vögeln. In La Selva in Costa Rica wurden auf 1.500 Hektar 410 Vogelarten gefunden. Im Vergleich dazu gibt es in ganz Nordamerika nur etwa 700 Vogelarten. Tropische Regenwälder haben also eine enorme Vogelvielfalt hervorgebracht, die sofort abnimmt, sobald man sich vom Äquator in Richtung der Pole bewegt.
Säugetiere
Die Säugetierfauna tropischer Regenwälder wird allgemein als bekannt angesehen, obwohl gelegentlich noch Arten von Fledermäusen, Nagetieren, Affen und anderen kleinen Säugetieren entdeckt werden. Jonahs Mausmaki (Microcebus jonahi), eine zu den Primaten gehörende Lemurenart, wurde erst im Jahr 2020 in den tropischen Regenwäldern Madagaskars entdeckt. Die Zahl der bekannten Säugetierarten auf der Erde wird im CoL mit 6.234 angegeben (2024).
Von diesen 6.234 Säugetierarten kommen 400 Arten in den tropischen Regenwäldern Amazoniens vor, wovon 231 endemisch sind, also nur in Amazonien vorkommen. Im brasilianischen Pantanal oder in den Küstenregenwäldern ist die Zahl endemisch vorkommender Säugetierarten deutlich kleiner. Die Regenwälder in Zentralafrika sind Heimat der Gorillas, während Orang-Utans ausschließlich auf Sumatra und Borneo in Südost-Asien vorkommen.
www-Tipps
- Catalogue of Life.
- Amazon Fish Project, eine Datenbank mit den Süßwasserfischen Amazoniens.
- Rote Listen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten in Deutschland, Bundesamt für Naturschutz.
- The IUCN Red List of Threatended Species.
Forschung
- D. Schüßler et al.: Ecology and morphology of mouse lemurs (Microcebus spp.) in a hotspot of microendemism in northeastern Madagascar, with the description of a new species. American Journal of Primatology, 2020.
- M. Lo et al.: The Influence of Forests on Freshwater Fish in the Tropics: A Systematic Review. BioScience, 2020.
- C. Jézéquel et al.: A database of freshwater fish species of the Amazon Basin. Nature, 2020.
- A. Catenazzi et al.: The amphibians and reptiles of Manu National Park and its buffer zone, Amazon basin and eastern slopes of the Andes, Peru. Biota Neotropica, 2013.
- A.P. Paglia et al.: Annotated Checklist of Brazilian Mammals. Occasional Papers in Conservation Biology, 2012.
- M. Hoffmann et al.: The Impact of Conservation on the Status of the World’s Vertebrates. Science, 2010.
Presse
- Niesender Stumpfnasenaffe in Myanmar entdeckt, Spektrumdirekt Online, 27.10.2010.
- Forscher entdecken erbsengroßen Frosch, Spiegel Online, 25.08.2010.
- Titi-Affe im Amazonas-Urwald entdeckt, Welt Online, 14.08.2010.
- Winziger Frosch entdeckt, Focus Online, 06.04.2009.
- Unbekannte Säugetierarten entdeckt, Welt Online, 18.12.2007.