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Faszinierende Artenvielfalt
Die Vielfalt der Pflanzen
Es gibt auf der Erde 370.236 bekannte Pflanzenarten. Auf einem Hektar tropischen Regenwalds können mehr Baumarten vorkommen als in der gesamten nördlichen Hemisphäre. Viele Baumarten in den tropischen Regenwäldern haben keine Jahresringe.
Rotalgen, Moose und Gefäßpflanzen werden dem Reich der Pflanzen (Plantae) zugeordnet. Im „Catalogue of Life“ (CoL), dem wahrscheinlich umfangreichsten Katalog mit Informationen zu den bekannten Arten, sind 370.236 Pflanzenarten benannt und katalogisiert. Etwa 94% aller Pflanzenarten werden den Blütenpflanzen zugeordnet. Mehr als die Hälfte aller Pflanzenarten kommt in tropischen Regenwäldern vor.
Gefäßpflanzen
Die Abteilung der Gefäßpflanzen (Tracheophyta) umfasst Pflanzen mit einem Gefäßsystem, in dem Wasser und Nährstoffe transportiert werden. Farne gehören zu den Gefäßpflanzen, ebenso wie Bärlapp- und Samenpflanzen. Bei den Samenpflanzen handelt es sich um Blütenpflanzen im engeren Sinn. Gefäßpflanzen sind die dominierenden Produzenten von Biomasse in terrestrischen Ökosystemen.
Obwohl es sehr schwer ist, die Artenzahl von Gefäßpflanzen in tropischen Regenwäldern zu bestimmen, gibt es hierzu zahlreiche Untersuchungen:
- ein einziger Hektar (10.000 Quadratmeter) tropischer Regenwald im ecuadorianischen Teil Amazoniens kann bis zu 900 Gefäßpflanzenarten beherbergen, darunter bis zu 450 Baum- und Lianenarten.
- auf einer Fläche von nur 0,1 Hektar (1.000 Quadratmeter) in einem Regenwald in Ecuador wurden 365 Arten von Gefäßpflanzen entdeckt.
- in dem kleinen mittelamerikanischen Land Costa Rica gedeihen 8.000 Pflanzenarten. Das sind ungefähr vier Prozent aller weltweit vorkommenden Pflanzenarten und fünf mal soviele wie im fünf mal größeren Großbritannien.
Bäume
Bäume gehören zu den größten und auffälligsten Organismen auf der Erde. Trotzdem kennt die Wissenschaft immer noch nicht alle auf der Erde vorkommenden Baumarten. In einer Arbeit aus dem Jahr 2022 schätzten Wissenschaftler die Zahl der weltweit vorkommenden Baumarten auf 73.300, von denen etwa 9.000 noch unentdeckt sind. Das liegt wahrscheinlich daran, dass viele der unbekannten Baumarten sehr selten sind und nur in örtlich begrenzten Regionen vorkommen, wie zum Beispiel in schlecht zugänglichen Tälern oder an Berghängen.
Der Artenreichtum nimmt auch bei den Bäumen von den gemäßigten Breiten in Richtung des Äquators außerordentlich zu. Es ist daher nicht verwunderlich, dass von den 64.000 bekannten Baumarten 43% in Südamerika vorkommen. Von den 9.000 noch unbekannten Arten, vermuten die Wissenschaftler, dass etwa 40% in Südamerika vorkommen. Insgesamt gibt es schätzungsweise 40.000 bis 53.000 Baumarten in den tropischen Regenwäldern der Erde. In Amazonien gibt es 16.000 Baumarten, wobei die Hälfte aller in Amazonien vorkommenden Bäume nur etwa 230 Baumarten zuzuordnen ist. Das heißt, diese 230 Arten dominieren die amazonischen Wälder, während die 11.000 seltensten Arten nur 0,12% aller Bäume ausmachen.
Hingegen beherbergen die Wälder der gemäßigten Breiten typischerweise nur 12 bis 15 Baumarten. Die Wälder der Great Smokey Mountains im Osten der Vereinigten Staaten gehören zu den artenreichsten gemäßigten Wäldern der Welt mit typischerweise 30 bis 35 Baumarten – und damit weit weniger als die tropischen Regenwälder.
Hier einige weitere Beispiele für die beeindruckende Artenvielfalt der Bäume in tropischen Regenwäldern:
- in Papua-Neuguinea konnten 90 Baumarten auf 0,8 Hektar (das sind 8.000 Quadratmeter) Regenwald bestimmt werden.
- in Venezuela gibt es 2.400 Baumarten.
- in Sarawak, Malysia, konnten 742 Baumarten auf nur drei Hektar Regenwald identifiziert werden, wobei die Hälfte der Arten mit jeweils nur einem Individuum auf dieser Fläche vertreten war.
- auf einer 50 Hektar großen Waldfläche in Panama wurden mehr als 300 Baumarten entdeckt.
- auf nur einem Hektar peruanischen Regenwalds wurden 283 Baumarten gefunden. Dabei wuchsen auf diesem Hektar nur 600 einzelne Bäume, das heißt, fast jeder zweite Baum gehörte zu einer anderen Art.
Um die unzähligen Baumarten wissenschaftlich zu erfassen, muss man sehr erfahren sein, um das oftmals tupfengleich aussehende Laub unterschiedlicher Arten voneinander unterscheiden zu können. Nur wenige Spezialisten auf der ganzen Welt sind dazu in der Lage. Stehen hingegen Blüten oder Früchte zur Verfügung, kann die Art einfacher bestimmt werden.
Jahresringe
In den gemäßigten Breiten entstehen Jahresringe (Wachstumsringe) bei Bäumen durch unterschiedliches Wachstum im Jahresverlauf. Im Frühling wachsen Bäume schneller und bilden anders Holz als im Herbst, wenn das Holz langsamer wächst. Das im Frühling gewachsene Frühholz erscheint heller als das im Herbst gewachsene, dunklere Spätholz. Im Holzquerschnitt erscheinen die unterschiedlich gefärbten Schichten als Ringe. Jeder Jahresring besteht aus einer hellen und einer dunklen Schicht. Durch das Zählen der Jahresringe lässt sich das Alter eines Baums bestimmen.
In den Tropen gibt es keine Jahreszeiten. Die Bäume in den Tropen wachsen das ganze Jahr unter gleichförmigen klimatischen Bedingungen, sodass Jahresringe im Holz normalerweise nicht erkennbar werden. Allerdings treten in den Tropen auch saisonale Veränderungen auf, wie beispielsweise Regen- oder Trockenzeiten. Deshalb bilden einige tropische Baumarten Jahresringe, zum Beispiel Teak. Andere Baumarten der Tropen haben subtilere Ringe, die sich nur durch chemische Analysen des Holzes darstellen lassen.
Durch das Zählen der Jahresringe, sofern diese vorhanden sind, konnte das Alter von Bäumen in tropischen Regenwäldern auf 500 Jahre geschätzt werden. In Amazonien konnte bei einzelnen Bäumen der Art Cariniana micrantha das Alter anhand der Ringe auf 585 Jahre beziffert werden. Mit Hilfe der Radiocarbonmethode (C14) konnte das Alter von Eisenholzbäumen (Eusideroxylon zwageri) auf Borneo auf mehr als 1.000 Jahre bestimmt werden. Eine Fichte in Schweden hält den Rekord für den ältesten Baum der Welt, sie ist 9.500 Jahre alt.
Welcher Baum ist das?
Bäume können im tropischen Regenwald nur schwer identifiziert werden, zu hoch und dicht ist das Kronendach. Selbst anhand von Blättern, Früchten oder Blüten auf dem Waldboden gelingt dies kaum. Die einzige Möglichkeit ist auf den Baum zu klettern und dort Blätter, Früchte oder Blüten zu sammeln. Im Herbarium kann die Baumart dann bestimmt werden.
Moose
Moose gehören nicht zu den Gefäßpflanzen. Von den Moosen gibt es weltweit etwa 21.018 Arten, von denen 38% direkt an tropische Regenwälder gebunden sind. Moose bilden keine natürliche Verwandschaftslinie, sondern werden unterschiedlichen Stämmen innerhalb der Pflanzen zugeordnet:
- Hornmoose (Anthocerotophyta) mit 223 Arten,
- Lebermoose (Marchantiophyta) mit 7.433 Arten,
- Laubmoose (Bryophyta) mit 13.362 Arten.
Tropische Regenwälder, insbesondere Bergwälder, sind reich an epiphytisch lebenden Moosen. Epiphyten sind Pflanzen, die auf anderen Pflanzen wachsen. So wachsen Moose beispielsweise am Stamm von Bäumen oder auf deren Blättern. Moose spielen eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt und Nährstoffkreislauf der Wälder und dienen zahlreichen Regenwaldbewohnern als Substrat, Nahrungsquelle und Nistmaterial. Die besten Bedingungen für das Wachstum der Moose herrschen im unteren Teil des Kronendachs.
Auf nur vier Hektar eines tropischen Tieflandregenwalds in Costa Rica konnten 190 Moosarten (Bryophyta) identifiziert werden. Im Lore-Lindu-Nationalpark, einem Bergregenwald in Zentral-Sulawesi, Indonesien, konnten auf einer Höhe von 1.000 Metern über dem Meeresspiegel 146 verschiedene Moosarten (ebenfalls Bryophyta) gefunden werden – auf lediglich 16 Bäumen.
www-Tipps
- Catalogue of Life.
- Global Tree Search.
- Online-Herbarium des Smithsonian Tropical Research Institute.
- Die Pflanzenliste: The Plant List.
- Die wissenschaftliche Datenbank TROPICOS des Missouri Botanical Garden.
Forschung
- R.C. Gatti et al.: The number of tree species on Earth. PNAS, 2022.
- M. Worbes & J. Schöngart: Measures for sustainable forest management in the tropics – A tree-ring based case study on tree growth and forest dynamics in a Central Amazonian lowland moist forest. PLOS One, 2019.
- E. Beech et al.: GlobalTreeSearch: The first complete global database of tree species and country distributions. Journal of Sustainable Forestry, 2017.
- N. Norhazrina et al.: Tropical bryophyte floras: a homogeneous assemblage of highly mobile species? Insights from their spatial patterns of beta diversity. Botanical Journal, 2017.
- D. Cardoso et al.: Amazon plant diversity revealed by a taxonomically verified species list. PNAS, 2017.
- J. W. Ferry Slik et al.: An estimate of the number of tropical tree species. PNAS, 2015.
- H. ter Steege et al.: Hyperdominance in the Amazonian Tree Flora. Science, 2013.
- J.L. Geffert et at.: Global moss diversity: spatial and taxonomic patterns of species richness. Journal of Bryology, 2013.
- C.W. Dick & W.J. Kress: Dissecting Tropical Plant Diversity with Forest Plots and a Molecular Toolkit. BioScience, 2009.
- S.G. Sporn et al.: Vertical distribution of epiphytic bryophytes in an Indonesian rainforest. Biodiversity and Conservation, 2009.
- S.P. Hubbell et al.: Colloquium paper: How many tree species are there in the Amazon and how many of them will go extinct? PNAS, 2008.
- H. Kreft et al.: Global patterns and determinants of vascular plant diversity. PNAS, 2007.
- H. Kurokawa et al.: The age of tropical rain-forest canopy species, Borneo ironwood (Eusideroxylon zwageri), determined by 14C dating. Journal of Tropical Ecology, 2003.
- M. Martínez-Ramos & E.R. Alvarez-Buylla: How old are tropical rainforest trees? Trends in Plant Science, 1998.
Presse
- Pflanzen und Sprachen, FAZ Online, 19.09.2020.
- Bauminventur im Amazonasbecken, Welt Online, 20.10.2013