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Faszinierende Artenvielfalt
Das Universum der Insekten
Insekten sind die heimlichen Herrscher im Universum der tropischen Regenwälder. Mit knapp einer Million Arten gehört mehr als die Hälfte aller derzeit bekannten Arten zur Klasse der Insekten. Die Kronen einzelner Regenwaldbäume beherbergen bis zu 160 Käferarten.
Insekten gehören zum Tierstamm der Arthropoden (Gliederfüßer). Arthropoden haben einen gegliederten Körper, der von einem Panzer aus Chitin überzogen ist. Neben der Klasse der Insekten gehören zu diesem Tierstamm noch die Klassen der Spinnentiere, Krebstiere, Tausendfüßer und die Klasse der ausgestorbenen Trilobiten.
Zahl der bekannten Insektenarten
Die meisten der bekannten Arten auf der Erde gehören zu den Insekten. Der „Catalogue of Life“ (CoL) ist der umfangreichste Katalog mit Informationen zu den derzeit bekannten Arten. Im CoL aus dem Jahr 2024 wird die Zahl der bekannten Tierarten mit 1,55 Millionen angegeben, wovon 995.229 den Insekten zugeordnet werden. Das heißt, mehr als zwei Drittel aller Tierarten gehören zu den Insekten.
Die artenreichsten Ordnungen innerhalb der Insekten sind Käfer (Coleoptera), Schmetterlinge (Lepidoptera), Zweiflügler (Diptera), Hautflügler (Hymenoptera) und Schnabelkerfe (Hemiptera). Zu den Zweiflüglern gehören die Mücken und Fliegen, die bekanntesten Vertreter der Hautflügler sind Bienen, Wespen und Ameisen, und zu den Schnabelkerfen gehören Pflanzenläuse, Zikaden und Wanzen. Innerhalb der Klasse der Insekten sind die Ordnungen mit folgenden Artenzahlen vertreten (Zahlen aus 2024):
- Käfer: 327.606 Arten
- Zweiflügler: 175.597 Arten
- Schmetterlinge: 166.543 Arten
- Hautflügler: 126.375 Arten
- Schnabelkerfe: 100.898 Arten
Schätzungen zur Zahl der Insektenarten auf der Erde
In Schätzungen aus dem Jahr 2015 wird davon ausgegangen, dass es etwa 5,5 Millionen Insektenarten auf der Erde gibt, von denen etwas mehr als eine Million schon entdeckt wurde. Das heißt, 82% aller Insektenarten sind diesen Schätzungen zufolge noch gar nicht entdeckt worden. Bei der größten Gruppe der Insekten, den Käfern, wird die Zahl aller auf der Erde vorkommenden Arten auf 1,5 Millionen geschätzt. Das würde bedeuten, dass drei Viertel der Käferarten noch unbekannt sind.
Käfer
„Gott scheint eine übertriebene Vorliebe für Käfer zu haben“, soll der Evolutionstheoretiker John Haldane geantwortet haben, als er von einem Theologen gefragt wurde, was sein biologisches Wissen über Gottes Absicht aussage. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass Käfer so viel artenreicher sind, als jede andere Ordnung im Tierreich.
Bei seinen dreijährigen Untersuchungen in den Tieflandregenwäldern Panamas hat Terry Erwin auf 19 Bäumen, die alle zur selben Art (Luehea seemannii) gehörten, 1.200 Käferarten gefunden. Er schätzte, dass etwa 160 dieser Arten nur auf den Bäumen von Luehea seemannii vorkommen.
Der französische Forscher Gérard Tabaquilian entdeckte in den tropischen Regenwäldern von Französisch-Guayana 1.416 Bockkäferarten, von denen 600 der Wissenschaft bis dato unbekannt waren. Es gibt schätzungsweise 100.000 Bockkäferarten auf der Erde. Als erstem Wissenschaftler gelang es dem Franzosen einen Minifunksender auf dem Rückenpanzer eines Riesenbockkäfers zu befestigen. Er konnte damit dessen Wanderungen und Bewegungen im Wald verfolgen.
David & Goliath
Den Größenrekord bei den Käfern hält der Riesenbockkäfer Titanus giganteus aus Amazonien. Einzelne Exemplare sollen eine Körperlänge von bis zu 15 Zentimetern erreicht haben. Der mitteleuropäische Hirschkäfer Lucanus cervus bleibt kleiner, erreicht aber immerhin eine Körperlänge von etwa 8 Zentimetern. Das kleinste Insekt der Welt kommt vermutlich auch aus der Familie der Käfer, es ist ein nur 0,25 Millimeter langer Federflügler.
Ameisen
Ameisen (Formicidae) gehören wie Bienen und Wespen zu den Hautflüglern (Hymenoptera). Termiten sind nicht mit den Ameisen verwandt, sie stehen verwandtschaftlich näher bei den Schaben (Blattoidea).
Staatenbildende Insekten wie Ameisen und Termiten gelten als die heimlichen Herrscher des Regenwalds. Die Biomasse von Ameisen in tropischen Regenwäldern übertrifft die der Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien usw. um ein Vielfaches. Gemäß CoL sind derzeit 10.213 Ameisenarten bekannt. Etwa 60% der Ameisenarten in tropischen Regenwäldern leben auf dem Urwaldboden, während 40% im Kronendach angesiedelt sind. Am auffälligsten unter den Ameisen sind sicherlich Blattschneiderameisen.
Die Vielfalt der Ameisen in tropischen Regenwäldern ist ähnlich groß wie die der Käfer. Auf einem einzigen Baum im peruanischen Teil Amazoniens konnten 43 Ameisenarten identifiziert werden, das sind mehr Ameisenarten als auf den gesamten Britischen Inseln vorkommen. Ein Quadratkilometer im US-Bundesstaat Washington mag 30 Ameisenarten beherbergen. Auf derselben Fläche sind es in Costa Rica 450 Ameisenarten. So ist es nicht verwunderlich, dass annähernd jedes zweite Insekt, über das man bei einem Spaziergang durch den tropischen Regenwald stolpert, eine Ameise ist. Auf einem Hektar tropischen Regenwalds leben bis zu acht Millionen Ameisen.
www-Tipps
- Catalogue of Life – der Katalog des Lebens.
- Der Insektenatlas 2020 der Heinrich-Böll-Stiftung.
- Wunderschöne Bilder von Käfern finden Sie auf der Homepage des Fotografen Poul Beckmann: Living Jewels.
Forschung
- N.E. Stork: How Many Species of Insects and Other Terrestrial Arthropods Are There on Earth? Annual Review of Entomology, 2018.
- N.E. Stork et al.: New approaches narrow global species estimates for beetles, insects, and terrestrial arthropods. PNAS, 2015.
- R.M. May: Tropical Arthropod Species, More or Less? Science, 2010.
Presse
- Ein fast unverwüstlicher Sechsbeiner, FAZ Online, 22.10.2020.
- Stille im Regenwald, Süddeutsche Zeitung Online, 18.10.2018.
- Urmutter der Ameisen am Amazonas entdeckt, Welt Online, 15.09.2008.