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Ökosystem Regenwald
Biomasse – tropische Regenwälder sind produktiv
Zwei Drittel der Biomasse der Erde sind in tropischen Regenwäldern gebunden. Tropische Regenwälder verwandeln Sonnenenergie in Biomasse und sind dabei viermal produktiver als vom Menschen kultiviertes Ackerland.
Biomasse
Wissenschaftler haben eine Bestandsaufnahme der auf der Erde vorhandenen Biomasse vorgenommen und schätzen die Menge an Kohlenstoff in der Biomasse der Erde auf 550 Milliarden Tonnen. Davon sind etwa 80% pflanzlicher Natur und 15% bakterieller Herkunft. Die verbliebenen 5% entfallen auf Pilze, Tiere und Viren. Der Mensch bringt es auf lediglich 0,01%, was der Biomasse aller Termiten auf der Erde entspricht. Etwa zwei Drittel der Biomasse der Erde sind in den tropischen Regenwäldern gespeichert. Schätzungen zur Biomasse auf der Erde basieren teils auf unterschiedlichen Daten und sind folglich mit Unsicherheiten behaftet.
Kohlenstoff in deutschen Wäldern
In den tropischen Regenwäldern Amazoniens sind etwa 150 bis 200 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gebunden, in den Wäldern in Deutschland sind es 1,23 Milliarden Tonnen.
Um die Verteilung von Tieren und Pflanzen in tropischen Regenwäldern zu ermitteln, bestimmen Wissenschaftler die tierische und pflanzliche Biomasse einer definierten Fläche tropischen Regenwalds um ein Verhältnis angeben zu können. Die Biomasse bezeichnet die Menge oder das Gewicht lebender Organismen bezogen auf eine Fläche oder ein Volumen.
Auf einem Hektar tropischen Regenwalds findet man mehr als 1.000 Tonnen pflanzlicher Biomasse, hauptsächlich Bäume. 980 Tonnen davon sind im Holz dieser Bäume gespeichert, 20 Tonnen im wesentlichen in deren Blattmasse. Die mächtigen Bäume der tropischen Regenwälder sind regelrechte Biomasse-Fabriken. Die Menge an toter Pflanzenmasse in verfaulenden Resten umgefallener Bäume usw. beträgt rund 100 Tonnen pro Hektar.
Im Vergleich dazu nimmt sich die tierische Biomasse auf der gleichen Fläche nahezu winzig aus. Gerade einmal 35 Kilogramm sind es oberirdisch (Insekten, Wirbeltiere usw.) und 165 Kilogramm sind es unterirdisch in Form von Kleintieren und Mikroorganismen. Tiere spielen also, rein mengenmäßig betrachtet, im tropischen Regenwald nur eine untergeordnete Rolle.
Völlig andere Verhältnisse findet man in den afrikanischen Savannen. Dort kann die tierische die pflanzliche Biomasse sogar übertreffen, man denke nur an die großen Zebra-, Gnu- oder Elefantenherden.
Produktivität oder Nettoprimärproduktion
Eine grundlegende Eigenschaft des Lebens auf der Erde ist die Bindung von Kohlenstoff in der Photosynthese durch Pflanzen. Die Photosynthese ist der grundlegende biochemische Prozess mit dem Sonnenenergie von lebenden Systemen aufgenommen, gespeichert und in die Nahrungskette eingebracht wird.
Während der Photosynthese nehmen Pflanzen Kohlenstoffdioxid (kurz: Kohlendioxid) aus der Luft und Wasser aus dem Boden auf. Mit Hilfe der Energie von der Sonne wird der Kohlenstoff in Zucker (Kohlenhydrate) umgewandelt, den die Pflanzen zum Leben und Wachsen brauchen. Beim Wachstum der Pflanzen wird Biomasse aufgebaut. Sechs Moleküle Wasser mit sechs Molkülen Kohlendioxid ergeben ein Molekül Zucker und zusätzlich sechs Moleküle Sauerstoff, die in die Atmosphäre freigesetzt werden.
Die Geschwindigkeit, mit der Biomasse hergestellt wird, heißt Produktivität oder Nettoprimärproduktion (NPP) und wird in Substanz pro Flächeneinheit und Zeit ausgedrückt. Die NPP gibt also an, wie viel Kohlenstoff bzw. Biomasse von Pflanzen durch Photosynthese in einem festgelegten Zeitraum (normalerweise ein Jahr) aufgebaut wird. Dass Pflanzen während der Zellatmung Sauerstoff verbrauchen und Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid über ihre Blätter in die Atmosphäre freisetzen, ist in der NPP schon berücksichtigt.
In den gemäßigten Breiten ändert sich die NPP im Jahresverlauf. Die Wälder Europas, der USA, Kanadas und Russlands weisen im Juni und Juli eine hohe NPP auf, die im Herbst langsam zurückgeht und im Winter komplett eingestellt ist. In Südamerika, Afrika und Südost-Asien weisen tropische Regenwälder ganzjährig eine hohe Produktivität auf. Das liegt an der starken Sonneneinstrahlung und den starken Niederschlägen in den Tropen. Neben dem Klima beeinflussen auch Landschaftsformen und der Bodentyp die NPP.
Globale Nettoprimärproduktion
Satellitenbasierte Schätzungen zeigen, dass die NPP an Land (terrestrisch) pro Flächeneinheit durchschnittlich dreimal so hoch ist wie die der Ozeane. Weil die Ozeane aber viel größer sind als die Landfläche, ist die derzeitige Gesamt-NPP der beiden Biosphären ungefähr gleich groß und liegt bei etwa 60 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr für die terrestrische Biosphäre und 65 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr für die ozeanische Biosphäre.
Artenvielfalt fördert die Produktivität von Wäldern
Der anhaltende Verlust der Baumvielfalt führt weltweit zu einem beschleunigten Rückgang der Produktivität von Wäldern. Insbesondere die tropischen Regenwälder am Amazonas, in West- und Südostafrika, in Myanmar und im malaiischen Archipel sind davon besonders betroffen.
Die größte NPP der terrestrischen Biosphäre findet sich mit 1.251 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter pro Jahr in den tropischen Regenwäldern, wo es das ganze Jahr über viel regnet und die Temperaturen konstant hoch sind. Saisonale Temperatur- oder Niederschlagsschwankungen reduzieren die NPP. Deswegen ist die NPP in den Laub- und Mischwäldern (temperierte Wälder) der gemäßigten Breiten mit 779 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter pro Jahr deutlich geringer. Es folgen Savannen (641), Buschland (393), boreale Wälder (Nadelwälder der gemäßigten Breiten, 190) und Halbwüsten und Wüsten (126). Die niedrigste NPP findet sich mit lediglich 89 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter pro Jahr in der Tundra. Zum Vergleich: Die NPP der vom Menschen auf Ackerland angebauten Kulturpflanzen beträgt 304 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter pro Jahr.
Biomasse in Amazonien
Die tropischen Regenwälder Amazoniens binden mit 150 bis 200 Milliarden Tonnen enorme Mengen Kohlenstoffs in ihrer Biomasse, womit sie zu den größten Kohlenstoffspeichern der Erde gehören. Auch in den Tropen schwankt die NPP im Verlauf des Jahres. In Amazonien ist die NPP während der Trockenzeit von August bis Oktober besonders hoch. Den Bäumen steht auch in der Trockenzeit genügend Wasser zur Verfügung, das sich während der Regenzeit im Grundwasser angesammelt hat. Außerdem wachsen sie besser, wenn der Himmel klar und wolkenlos ist und mehr Sonnenlicht in den Wald gelangt.
Die NPP spielt auch eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und beeinflusst letztlich auch den Verlauf des Klimawandels. Denn Pflanzen nehmen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf, das beim Verbrennen von fossilen Energieträgern, wie Kohle, Erdöl und Erdgas, freigesetzt wurde.
www-Tipp
- TAR Climate Change 2001 – The Scientific Basis. IPPC, 2001.
- Das Leben auf der Erde und seine Masse, beeindruckende Zahlen zusammengestellt von Werner Brefeld.
Forschung
- W. Hubau et al.: Asynchronous carbon sink saturation in African and Amazonian tropical forests. Nature, 2020.
- P. Friedlingstein et al.: Global carbon budget 2019. Earth System Science Data, 2019.
- M. Bar-On et al.: The biomass distribution on Earth. PNAS, 2018.
- J. Liang et al.: Positive biodiversity-productivity relationship predominant in global forests. Science, 2016.
- C.M. Gough: Terrestrial Primary Production: Fuel for Life. Nature Education Knowledge, 2011.
- M.A. Huston & S. Wolverton: The global distribution of net primary production: resolving the paradox. Ecological Monographs, 2009.
- F.I. Woodward: Global primary production. Current Biology, 2007.
- H.K. Gibbs et al.: Monitoring and estimating tropical forest carbon stocks: Making REDD a reality. Environmental Research Letters, 2007.